In Jerusalem haben jüdische Nationalisten bei ihrem jährlichen "Flaggenmarsch" erneut randaliert und palästinensische Menschen attackiert. Was steckt hinter dem umstrittenen Umzug?

Tausende rechte Israelis sind am Mittwoch beim "Flaggenmarsch" durch die von Mauern umgebene Altstadt in Ost-Jerusalem gezogen. Dabei kam es teils zu Gewalt. Zunächst bedrängten sie die wenigen palästinensischen Ladenbesitzer, die ihre Geschäfte vor dem Umzug noch nicht geschlossen hatten, wie ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur Reuters schilderte. Die Demonstranten, überwiegend junge Siedler aus dem besetzten Westjordanland, hätten anschließend linke israelische Aktivisten und Journalisten angegriffen, die den Umzug beobachteten. Sie skandierten nationalistische Parolen und riefen "Tod den Arabern", "Euer Dorf soll brennen" und "Macht Gaza platt". 

Die israelische Polizei, die sich in der Nähe aufhielt, habe nicht eingegriffen. Auf eine Anfrage zur Stellungnahme reagierte sie nicht, bis zum späten Nachmittag wurden keine Festnahmen bekannt. Ein Polizist vor Ort sagte, die jungen Teilnehmer könnten nicht verhaftet werden, weil sie unter 18 Jahre alt seien. Der "Flaggenmarsch" wird Informationen der israelischen Zeitung "Haaretz" zufolge von der Jerusalemer Stadtverwaltung finanziert.

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Teilnehmer dringen in Hilfswerks-Gebäude ein

Einige israelische Teilnehmer des umstrittenen Flaggenmarschs sind nach palästinensischen Angaben in das Gelände des Hauptquartiers des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA in Ost-Jerusalem eingedrungen. Sie hätten dabei auch zur Besetzung des Geländes aufgerufen, teilte das Jerusalemer Gouvernement der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) mit.

Die Mitarbeiter der UN-Organisation wurden bereits Ende Januar von israelischen Behörden angewiesen, das Gebäude zu verlassen. Israel wirft dem Hilfswerk vor, dass einige der Mitarbeiter an Terroraktivitäten der Hamas beteiligt gewesen seien. Das israelische Parlament hatte in der Folge per Gesetz ein Arbeitsverbot für UNRWA auf israelischem Staatsgebiet verhängt und israelischen Beamten verboten, mit der Organisation zu kooperieren.

Rechtsextreme israelische Aktivisten geraten mit einem palästinensischen Mann aneinander © CHINE NOUVELLE/SIPA / Action Press

Woher kommt der umstrittene Flaggenmarsch?

Der Umzug feiert die Eroberung Ost-Jerusalems durch Israel im Sechstagekrieg 1967, der 1980 die völkerrechtswidrige Annexion folgte. Bereits in der Vergangenheit hatten die Teilnehmer gezielt Palästinenser angegriffen. In diesem Jahr nahmen Tausende Menschen teil. Sie zogen mit blau-weißen israelischen Nationalflaggen auch durch die engen Straßen der überwiegend arabischen Altstadt, wo viele palästinensische Ladenbesitzer aus Angst vor gewaltsamen Übergriffen ihre Geschäfte geschlossen hatten.

Die Palästinenser sehen in dem Marsch eine Provokation, um ihren Anspruch auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines eigenen Staates zu untergraben. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte den Anspruch seines Landes auf die Stadt. "Wir werden Jerusalem vereint, vollständig und unter israelischer Kontrolle halten", sagte er bei einer Kabinettssitzung, die zuvor am Montag in Ost-Jerusalem abgehalten wurde. Die internationale Staatengemeinschaft betrachtet Ost-Jerusalem als von Israel besetztes palästinensisches Territorium. Der Internationale Gerichtshof hat sich 2004 in einem Gutachten entsprechend geäußert. Auch der UN-Sichterheitsrat hat die Besetzung Ost-Jerusalems wiederholt als völkerrechtswidrig verurteilt.

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Öl ins Feuer goss Israels rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, als er das Gelände der Al-Aksa-Moschee besuchte. "Heute ist es, Gott sei Dank, bereits möglich, auf dem Tempelberg zu beten", sagte er in einem Video. Der Ort ist ein langjähriger Brennpunkt zwischen Juden und Muslimen und gilt beiden Religionen als heilig. Nach einer jahrzehntealten Vereinbarung wird der Komplex von einer islamischen Stiftung aus dem Nachbarland Jordanien verwaltet. Juden dürfen den Ort zwar besuchen, dort aber nicht beten. Die Palästinensische Autonomiebehörde und Jordanien verurteilten den Besuch des Ministers.

Reuters · DPA lw
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