Russland hat die Ukraine in der Nacht zum Sonntag mit einem schweren Drohnenangriff überzogen. Dabei wurden offiziellen Angaben zufolge mehrere Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden.

In der Region Kiew sind bei „massiven nächtlichen Angriffen“ mindestens vier Menschen getötet und 16 weitere verletzt worden, wie Rettungsdienste mitteilten. In der Nordwestukraine starben nach Angaben von Rettungskräften drei Minderjährige im Alter von acht, zwölf und 17 Jahren. In der Region Chmelnyzkyj wurden vier Tote gemeldet, im südukrainischen Mikolajiw ein Toter.

Behörden hatten am frühen Morgen einen Angriff mit „dutzenden Drohnen“ auf die ukrainische Hauptstadt gemeldet und vor einem möglicherweise folgenden Raketenangriff gewarnt. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko erklärte, es gebe einen „Angriff“ auf die Stadt, aber die Luftabwehr sei aktiv. „Bleiben Sie in Schutzräumen“, befahl er. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP hörten Explosionen.

„Mehr als ein Dutzend feindliche Drohnen“ befänden sich im Luftraum über der Hauptstadt, teilte der Leiter der militärischen Verwaltung Kiews, Tymur Tkaschenko, über Telegram mit. „Einige der Drohnen über Kiew und Umgebung wurden bereits abgeschossen“, hieß es. Allerdings bewegten sich weitere Drohnen auf die Hauptstadt zu, warnte er. Es seien bereits Drohnentrümmer auf ein fünfstöckiges Wohnhaus gefallen.

Der stellvertretende Armeeleiter der Region Chmelnyzkyj westlich von Kiew meldete vier Tote. „Letzte Nacht wurde die Region Chmelnyzkyj von feindlichen russischen Angriffen getroffen, bei denen zivile Infrastruktur zerstört wurde. Leider wurden vier Menschen getötet“, erklärte Sergij Tjurin im Onlinedienst Telegram und fügte hinzu, dass fünf Menschen verletzt worden seien.

Auch aus den südukrainischen Regionen Cherson und Mikolajiw wurden nächtliche Angriffe gemeldet. In Mikolajiw wurde nach Angaben von Rettungsdiensten ein Mann bei einem Drohnenangriff auf ein Wohngebäude getötet.

Der Bürgermeister von Moskau, Sergej Sobjanin, erklärte indes, dass zwölf Drohnen, die in Richtung der russischen Hauptstadt unterwegs waren, abgefangen werden konnten. Nach Angaben der russischen Zivilluftfahrtbehörde wurde der Flugverkehr an mindestens vier Flughäfen eingeschränkt, darunter der größte Moskauer Flughafen Scheremetjewo.

Bereits in der vergangenen Nacht hatte es einen „kombinierten“ Angriff aus Drohnen und Rakete auf Kiew gegeben. Ukrainischen Angaben zufolge griff Russland mit 250 Drohnen 14 ballistischen Raketen an. Die ukrainische Luftwaffe erklärte, 245 Drohnen und sechs Raketen abgefangen zu haben. Allein in Kiew wurden mindestens 15 Menschen verletzt.

Dritte Phase des Gefangenenaustauschs soll stattfinden

Die neuen Angriffe ereigneten sich vor dem Hintergrund des größten Gefangenenaustausches zwischen Russland und der Ukraine seit dem Beginn des Kriegs vor gut drei Jahren. In der dritten und letzten Phase des bisher beispiellosen Gefangenenaustauschs sollen noch einmal mehr als 300 Menschen freikommen. Vereinbart worden war am 16. Mai bei den ersten direkten Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew seit 2022 in Istanbul der Austausch von insgesamt 1000 russischen Gefangenen gegen dieselbe Zahl von ukrainischen Gefangenen. Am Freitag waren in einem ersten Schritt 390 Gefangene frei gekommen, am Samstag dann in der zweiten Etappe 307.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videoansprache, in der dritten Phase sollten die letzten der 1000 Gefangenen nach Hause zurückkehren. „Aber die Aufgabe besteht darin, absolut jeden, der derzeit in Russland festgehalten wird, nach Hause zu bringen. Und das ist eine gemeinsame Aufgabe für unsere Geheimdienste, für unsere Diplomaten, für unseren ganzen Staat. Natürlich ist das keine einfache Aufgabe, aber sie muss erfüllt werden“, sagte er.

Von den Heimkehrern am Samstag seien 273 im Gebiet Donezk in russische Gefangenschaft geraten, ein großer Teil schon 2022, sagte Selenskyj. Andere seien in den Gebieten Cherson, Saporischschja, Charkiw und Luhansk gefasst worden von den Russen. Insgesamt seien an den ersten beiden Tagen 697 Ukrainer in Freiheit gekommen, sagte Selenskyj.

Russland erhielt nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau dieselbe Zahl an Gefangenen zurück, darunter neben Soldaten auch Zivilisten. Sie waren zunächst in Belarus und sollten von dort aus nach Russland zurückkehren, um medizinisch versorgt zu werden, wie das Ministerium weiter mitteilte.

Selenskyj erklärt Bereitschaft für diplomatische Lösung

Selenskyj verurteilte in seiner Videobotschaft erneut die jüngsten russischen Luftangriffe gegen die Ukraine. „Die Ukraine ist bereit zu jeder Form von Diplomatie, die ein Ergebnis bringt“, sagte Selenskyj. „Wir sind bereit zu allen Schritten, die eine echte Sicherheit garantieren können. Allerdings ist Russland dazu nicht bereit.“

In der kommenden Woche solle mehr Druck auf das Land ausgeübt werden, um es zu einem Frieden zu zwingen. Nötig seien starke Antworten der USA, von Europa und allen anderen, die diesen Krieg beenden wollten. Selenskyj hatte immer wieder noch schärfere Sanktionen gegen Russland gefordert.

Russland kündigte indes an, nach dem Abschluss des Gefangenenaustauschs in den nächsten Tagen der Ukraine die angekündigte Absichtserklärung für die Lösung des Konflikts zu überreichen. Die Arbeit an dem Memorandum sei in der Schlussphase, sagte der Vizechef des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, dem Militär-TV-Sender „Swesda“. Allerdings werde das Dokument nicht öffentlich präsentiert, sondern eine Grundlage sein für den sehr schwierigen Verhandlungsprozess.

Kremlchef Wladimir Putin hatte das Memorandum für einen möglichen künftigen Friedensvertrag nach seinem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump am Montag angekündigt. Nach russischen Angaben soll es neben den Grundursachen des Konflikts zwischen Moskau und Kiew auch die Aussicht auf eine mögliche Waffenruhe enthalten.

In Kiew hatte Präsident Selenskyj gesagt, er warte auf die russische Erklärung. Zugleich lehnte er einen von Moskau geforderten Rückzug der ukrainischen Truppen aus den nur noch zum Teil von Kiew kontrollierten Gebieten Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk ab. Russland hatte die Regionen annektiert und zu seinem Staatsgebiet erklärt.

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