Kanzleramtschef Thorsten Frei hat Russland vorgeworfen, kein wirkliches Interesse an einer Waffenruhe in der Ukraine zu haben. Gerade in den vergangenen Tagen sei deutlich geworden, „dass Russland ganz offensichtlich gar kein Interesse daran hat, dass die Waffen schweigen“, sagte der CDU-Politiker in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“. „Ganz im Gegenteil. In den letzten Tagen haben die Drohnenangriffe nochmal zugenommen, auch an Schärfe zugenommen.“

Putin spiele ganz offensichtlich auf Zeit und versuche auch, die Europäer und die Amerikaner gegeneinander auszuspielen. Mit Blick auf das von der EU beschlossene 17. Sanktionspaket gegen Russland sagte Frei, neben der russischen „Schattenflotte“ und einzelnen Firmen und Akteuren müssten auch der Energiesektor und der Finanzsektor sehr viel mutiger in den Blick genommen werden. An einem 18. Paket werde gearbeitet.

„Wir müssen mehr tun“, sagt Frei

Nach den Worten von Frei ist man an einem Punkt angekommen, „wo man vielleicht auch Dinge machen muss, die man unter anderen Umständen nicht machen würde“. Da gehörten beispielsweise Finanzmarktthemen dazu. Im Energiebereich gehörten die Interessen anderer Europäer dazu, die immer noch Energie aus Russland bezögen. Außerdem gehöre dazu auch, genauer hinzuschauen, wenn es um Umgehungsgeschäfte gehe: „Wir müssen mehr tun, um eine entsprechende Wirkung zu entfalten.“

Zum angestrebten höheren Anteil der Verteidigungsausgaben Deutschlands an der Wirtschaftsleistung sagte Frei, weniger als zwei Prozent seien selbst in Friedenszeiten zu wenig gewesen. Es sei eine Bereichsausnahme vereinbart worden für alle Verteidigungsausgaben und verteidigungsähnlichen Ausgaben. „Und das bedeutet: Alles, was notwendig ist, werden wir auch finanzieren“.

US-Präsident Donald Trump fordert, dass die Nato-Staaten je fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben. Deutschland hatte sich beim Nato-Außenministertreffen hinter die Forderung gestellt.

„Nicht jeder, der nach Deutschland will, kommt auch in das Land“ sei die Botschaft

Auch die Migration und das neue Grenzregime der Bundesregierung war ein Thema in der Sendung, in der neben Frei auch die Journalisten Karina Mößbauer („Pioneer“) und Frederik Pleitgen (CNN) zu Gast waren, sowie der Politikwissenschaftler Frank Sauer (Universität der Bundeswehr München). Die Einreise-Bilanz seit Amtsantritt von Bundeskanzler Friedrich Merz: 739 Personen wurden von der Bundespolizei an der Grenze zurückgewiesen, darunter waren auch Asylsuchende: 32 wurden abgewiesen.

Für „Pioneer“-Redakteurin Karina Mößbauer sah das nur nach einem bescheidenen Erfolg aus, vor allem angesichts des Personalaufwands, den es dafür brauche: 14.000 Grenzpolizisten seien dafür im Einsatz gewesen. „Da kann man durchaus die Frage stellen „lohnt sich das, die Bundespolizei von 11.000 auf 14.000 aufzustocken?“, (...) um am Ende de facto 32 Leute mehr zurückzuweisen“, warf sie ein.

Frei wies die Kritik jedoch zurück. „Die Strategie ist nicht die falsche, ganz im Gegenteil.“ Wichtig sei auch das Signal, das Deutschland in die Welt sende. „Die Botschaft, die hier ausgesendet wird, ist 'nicht jeder, der nach Deutschland will, kommt auch in das Land.' […], weil Grenzen zu schützen, das ist der Kernbestandteil von Staatlichkeit“, sagte der CDU-Politiker.

Zudem seien die neuen Grenzkontrollen nur ein Baustein einer umfangreichen Kurskorrektur, die Schwarz-Rot plane, demnächst etwa würden die Aussetzung des Familiennachzugs und Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht erst im Kabinett und dann hoffentlich auch bald im Bundestag diskutiert werden.

Mößbauer entgegnete daraufhin, dass die CDU beim Thema Migration „Getrieben von ihrer eigenen Geschichte“ sei. „Während man in der Vergangenheit, in der Ära Merkel, Selfies in die Welt geschickt hat, mit Flüchtlingen und ein freundliches Gesicht zeigen wollte, setzt man jetzt auf Unbarmherzigkeit“, urteilte sie. Getrieben offenbar von der Hoffnung, dass dies auch dazu führe, dass sich weniger Menschen auf den Weg nach Deutschland machen würden.

Das Wort „Unbarmherzigkeit“ wollte Frei jedoch so nicht stehen lassen. Jemand, der an der österreichisch-deutschen Grenze auftauche, sei nicht in akuter Gefahr. Richtig und gewollt sei aber in der Tat, „dass Deutschland seine überproportionale Attraktivität“ für Asylsuchende und Migranten verliere. Aktuell sei es so, dass Menschen hierzulande trotz eines abgelehnten Asylantrags bleiben und sogar noch Familie nachziehen lassen könnten.

AfD muss politisch gestellt werden, glaubt der Kanzleramtschef

Auch die Debatte um ein Verbotsverfahren gegen die AfD war Thema in der ZDF-Talkshow. Frei warnte in dem Zusammenhang zu „äußerster Vorsicht“. Er warne vor der Fehlvorstellung, dass die Einordnung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch in irgendeiner Weise reiche, um am Ende zu einem Parteiverbot vor dem Bundesverfassungsgericht zu kommen, sagte der CDU-Politiker in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“.

Er persönlich glaube nicht, dass man eine Partei wie die AfD mit juristischen Mitteln bekämpfen könne, betonte Frei. Das gehe letztlich nur politisch. Die AfD sei bei der letzten Bundestagswahl von zehn Millionen Menschen gewählt worden in Deutschland. „Die wären durch ein Parteiverbot ja nicht plötzlich weg.“ Am effektivsten ist nach den Worten Freis, „dass wir die offensichtlichen Probleme und Herausforderungen in Deutschland lösen“.

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