In den 50 Zimmern des „Hope Hostel“ in Kigali lagen neben schwarz-weißer Bettwäsche bereits Gebetsteppiche bereit, im Restaurant hing ein großes Schild mit der Aufschrift „Halal“ – inklusive arabischer Übersetzung. Ruanda war im vergangenen Jahr gut vorbereitet, als sich Großbritannien anschickte, Tausende Asylbewerber – viele davon aus muslimischen Ländern – in die ostafrikanische Nation auszufliegen.

Der britische Plan scheiterte jedoch, zunächst an einem Gericht, dann am Wahlsieg der Labour Party, die das umstrittene Unterfangen der Tories prompt einkassierte. So wie das geschäftstüchtige Ruanda Hunderte Millionen Euro kassierte, ohne auch nur einen einzigen Asylbewerber aufgenommen zu haben. Entsprechend haben sie dort das Geschäft in bester Erinnerung.

Und nun könnte das ostafrikanische Land doch noch zum Auffangbecken für westliche Abschiebepolitik werden. Denn Ruandas Regierung bestätigt: Es gibt Gespräche mit den USA über die Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten, die Washington loswerden will. Das gab Außenminister Olivier Nduhungirehe am Sonntagabend im staatlichen Fernsehen zu. Man befinde sich in einer „frühen Phase der Verhandlungen“.

Das ist eine Untertreibung. Schon vor einigen Wochen landete offenbar ein Flugzeug mit einem irakischen Flüchtling an Bord in Kigali. Omar Abdulsattar Ameen war im Jahr 2014 in die USA geflohen, 2018 unter Terror- und Mordverdacht verhaftet worden. Ein Richter befand die Vorwürfe später als „nicht plausibel“.

Dennoch strebte schon die Biden-Regierung Ameens Deportation an, die Trump-Regierung setzte sie im April schließlich um. Der Iraker wurde nach Ruanda geflogen, ein Land, das er nie zuvor betreten hatte.

100.000 Dollar pro Person

Ein interner Vermerk der US-Botschaft in Kigali, veröffentlicht vom Investigativportal „The Handbasket“, berichtet von einer „erfolgreichen Umsiedlung – und Ruandas anschließender Zustimmung, weitere Drittstaatsangehörige aufzunehmen“. Man plane das gleiche Prozedere mit mindestens zehn weiteren Menschen.

Womöglich aber auch weit mehr. Kigali drängt auf eine pauschale, skalierbare Regelung: 100.000 Dollar pro Person für Sozialleistungen, Aufenthaltsdokumente und Arbeitsgenehmigungen. Damit verbunden ist natürlich auch die Hoffnung auf politische Dividende – bessere Beziehungen zu Washington, Rückendeckung im Ostkongo-Konflikt, wirtschaftliche Partnerschaften.

Mit US-Präsident Donald Trump und Ruandas Staatschef Paul Kagame verhandeln zwei Männer, die sich um die mit dem Deal verbundenen Bedenken von Menschenrechtsorganisationen offensichtlich wenig scheren.

Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus verfolgt Trump eine aggressive Abschiebepolitik. Im März ließ er Hunderte aus Venezuela stammende mutmaßliche Gangmitglieder in das autokratisch regierte El Salvador ausfliegen – trotz teils laufender Verfahren und zum Teil sogar ohne jegliche Vorwürfe oder Anklagen.

Und Kagame hat ein Gespür für ungewöhnliche Einnahmequellen, die nebenbei seine politischen Hebel vergrößern. Israel hatte schon vor 13 Jahren erklärt, abgelehnte Asylbewerber „in sichere Länder“ zu schicken. Medienberichten zufolge handelte es sich um Ruanda sowie Uganda. Ruanda dementierte die Berichte damals.

Diesmal geht man offener mit der Angelegenheit um. Kagame weiß: je enger die Bande nach Washington, desto geringer der Druck wegen Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land – oder seiner militärischen Unterstützung der M23-Rebellen im benachbarten Kongo.

Der dortige Konflikt verschafft Trump eine glänzende Verhandlungsposition. Seine Regierung hat eine Art Vermittlerrolle eingenommen, allerdings aus wenig altruistischen Gründen. Munter schickt Trump seine Berater hin und her, durchaus mit Erfolg.

Beide Seiten bieten den Export kritischer Rohstoffe in die USA an, ein Sektor, der besonders im Kongo bislang überwiegend in chinesischer Hand ist. Beide Seiten erhoffen sich im Gegenzug Unterstützung aus Washington.

Auf Geschäftspartner mit makellosem Leumund trifft Trump dabei nicht. Kigali bezieht laut UN-Berichten einen Teil seiner Rohstoffe über Schmuggel aus dem Ostkongo, mit tatkräftiger Hilfe der M23-Rebellen – was Europa als Handelspartner zunehmend abschreckt. Die Korruption im Kongo ist derweil so ausgeprägt, dass sich westliche Rohstofffirmen aus dem Land weitgehend zurückgezogen haben.

Christian Putsch ist Afrika-Korrespondent. Er hat im Auftrag von WELT seit dem Jahr 2009 aus über 30 Ländern dieses geopolitisch zunehmend bedeutenden Kontinents berichtet.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke