Führende Politiker haben Friedrich Merz (CDU) zur Wahl zum Bundeskanzler im zweiten Wahlgang gratuliert. Doch bei aller Erleichterung über die abgewendete Hängepartie schwingt in vielen Äußerungen auch Bedauern über Merz‘ Scheitern im ersten Wahlgang und Kritik an der Einbindung der Linkspartei in Verfahrensfragen mit.

Wolfgang Kubicki, Vize-Vorsitzender der aus dem Bundestag gewählten FDP, bemängelte genau das. „Dass seine Wahl heute nur um den Preis möglich war, den Unvereinbarkeitsbeschluss der Union mit der Linken aufzugeben, dürfte eine weitere schwere innerparteiliche Hypothek für den neuen Kanzler darstellen“, schrieb Kubicki auf X.

Union und SPD hatten sich mit Grünen und Linkspartei darauf geeinigt, einen zweiten Wahlgang noch am Dienstag abzuhalten. Bei dem entsprechenden Geschäftsordnungsantrag im Bundestag stimmte dann auch die AfD zu – Einstimmigkeit über alle Fraktionen in dieser Verfahrensfrage.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU) verteidigte die Absprache mit der Linkspartei. Es habe sich um „keine inhaltliche Zusammenarbeit“ gehandelt, sondern nur um die „formale Frage“ zum Zeitpunkt des zweiten Wahlgangs, sagte Bilger im Fernsehsender Phoenix.

Die, ebenso wie Kubicki nicht im Bundestag vertretene, BSW-Politikerin Sevim Dağdelen wiederum beschuldigte die Linke, „Steigbügelhalter für den Blackrock- und Tauruskanzler Merz“ zu sein. „Welch ein Elend“, schrieb sie aus der außerparlamentarischen Opposition auf X.

Söder: „Am Ende heißt es: Gewonnen“

Noch im Bundestag gratulierten Spitzenpolitiker wie Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD), die SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken, aber auch Oppositionspolitiker wie Alice Weidel, Tino Chrupalla und Alexander Gauland (alle AfD) oder Heidi Reichinnek (Linke) dem CDU-Chef mit Handschlag.

„Unabhängig von Parteizugehörigkeiten ist das schon ein Signal, dass Deutschland eine stabile Regierung hat“, sagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU). „Das Ausland hat heute sehr stark auf Deutschland geschaut.“ Sie sei mit Blick auf die Stabilität der Demokratie als Bundestagspräsidentin „sehr, sehr froh“ über die Wahl.

CSU-Chef Markus Söder gratulierte aus München via X-Video. „Auch wenn's etwas länger gedauert hat – am Ende heißt es: Gewonnen – und ein Neustart für Deutschland“, sagte Söder. Er wünsche Merz „eine glückliche Hand für unser Volk“ und Gottes Segen. Söder betonte: „Wir müssen in Deutschland vieles verändern – die Zeit beginnt jetzt.“

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst lobte Merz auf X. „Mit ihm kommt der zweite Kanzler aus Nordrhein-Westfalen – und einer, der für den Politikwechsel steht, den Deutschland braucht“, sagte der CDU-Politiker. „Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit für unser Land.“ Weitere Länderchefs wie Berlins CDU-Bürgermeister Kai Wegner gratulierten ebenfalls.

Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Vizekanzler, kritisierte die Abweichler, die im ersten Wahlgang nicht für Merz stimmten. „Den Kanzler nicht im ersten Wahlgang zu wählen, ist weit mehr als eine Eselei, wo ein paar Frustrierte aus CDU/CSU und SPD ihr Mütchen kühlen“, schrieb er auf X. „Sondern mir ihrer Selbstbezogenheit helfen sie nur den Feinden unserer Demokratie. Einziger Gewinner: die AfD.“

Ökonomen reagieren erleichtert auf die Wahl im zweiten Anlauf. „Für die Wirtschaft war wichtig, dass es zu keiner Hängepartie kommt und dass die Koalition im Zweifelsfall zusammensteht“, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, der Nachrichtenagentur Reuters. „Ein Anfang mit Hindernissen, aber jetzt hat Deutschland in der angespannten Weltlage endlich wieder eine voll handlungsfähige Regierung.“

Ähnlich wird das beim Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) gesehen. „Ein Hauptbelastungsfaktor für die deutsche Wirtschaft ist die wirtschaftspolitische Unsicherheit, sowohl international als auch hierzulande“, sagte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. Allerdings sei der Koalitionsvertrag im Hinblick auf wichtige Strukturreformen wenig ambitioniert.

Die Kirchen wünschten Merz Beistand von oben. „Von Herzen wünsche ich Ihnen für Ihre Arbeit ein gutes Gelingen, notwendige und mutige Entscheidungen und über allem Gottes reichen Segen“, schrieb der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, wünschte Merz Gottvertrauen, Beharrlichkeit und Geduld im Regierungshandeln.

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