Die frühere Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker hat von der neuen Bundesregierung Tempo im Kampf gegen Steuerbetrug gefordert und zugleich das Vorgehen der Ampel-Regierung kritisiert. „Der neuen Bundesregierung – und vor allem dem Finanzminister – läuft die Zeit davon“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ mit Blick auf Steuerdelikte wie Cum-Cum-Aktiendeals. Neuer Finanzminister im Kabinett des wohl künftigen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) soll SPD-Chef Lars Klingbeil werden.

Für Brorhilker ist in den vergangenen vier Jahren im Kampf gegen Finanzkriminalität nicht genug passiert. Das von der Ampel noch auf den letzten Metern beschlossene Bürokratieentlastungsgesetz verkürze die Aufbewahrungsfristen für wichtige Dokumente. Sie kritisierte zudem das Bürokratieentlastungsgesetz der früheren Regierung aus SPD, Grünen und FDP als „katastrophale Fehlentscheidung“, weil es eine Senkung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen von zehn auf acht Jahre ermögliche.

„Das war aus meiner Sicht eine katastrophale Fehlentscheidung: Die Regelung bringt keine Entlastung für ehrliche Unternehmen, erlaubt Banken und anderen CumCum-Tätern aber, wichtige Beweismittel zu vernichten und so Steuerrückforderungen zu verhindern“, sagte Brorhilker, die nach ihrem Rückzug vom Amt der Oberstaatsanwältin den Verein „Finanzwende“ gründete.

Brorhilker fürchtet Rückschläge

Brorhilker sagte: „Die Regelung bringt keine Entlastung für ehrliche Unternehmen, erlaubt Banken und anderen Cum-Cum-Tätern aber, wichtige Beweismittel zu vernichten und so Steuerrückforderungen zu verhindern.“ Da die Verkürzung für Banken aber erst Anfang 2026 in Kraft trete, bleibe dem Finanzminister noch ein gutes halbes Jahr Zeit, „die Aufklärung in Schwung zu bringen, bis die Täter ihre Schredder anwerfen dürfen.“

Als Oberstaatsanwältin in Köln hatte Brorhilker jahrelang selbst in Cum-Ex- und Cum-Cum-Fällen ermittelt, bevor sie den Staatsdienst verließ. Cum-Cum-Geschäfte sind eine Variante der Cum-Ex-Deals, mit denen Banken den Fiskus geschätzt um einen zweistelligen Milliardenbetrag prellten. Während es bei Cum-Ex um die Erstattung gar nicht gezahlter Steuern ging, generierten Banken bei Cum-Cum-Deals Steuervorteile für ausländische Inhaber deutscher Aktien. „Ich finde das immer noch unfassbar – die knapp 30 Milliarden sind ja sogar eine sehr konservative Schätzung. Es ist gut möglich, dass der tatsächliche Schaden noch sehr viel größer ist“, so Brorhilker in der „NOZ“.

Brorhilker lobte die designierte Regierung aus Union und SPD für ihr „klares Bekenntnis zum Kampf gegen Steuerhinterziehung und für wirksamen Steuervollzug“ im Koalitionsvertrag, blieb aber insgesamt skeptisch: „Die Frage ist jetzt, wie ernst es der Koalition mit diesen Versprechen ist, und das werden wir sehr schnell sehen.“

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