Der polnische Geschäftsträger in Deutschland hat die künftige Bundesregierung vor geplanten verschärften Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze gewarnt. Bereits die derzeitigen Kontrollen seien „ein Problem für den täglichen Grenzverkehr und das Funktionieren des EU-Binnenmarktes“, sagte der polnische Spitzendiplomat Jan Tombinski dem Magazin „Politico“. „Wir wünschen daher nicht, dass es zu einer Verschärfung der Grenzkontrollen kommt.“

Die Regierung in Warschau stehe „natürlich zu unserer Verpflichtung, die europäische Außengrenze — vor allem zu Russland und Belarus — zu schützen“, betonte Tombinski. Zugleich erwarte seine Regierung aber, „dass die Freizügigkeit im europäischen Schengenraum erhalten bleibt“. Für die Menschen in Polen werde es „schwierig zu erklären, dass wir in unsere Außengrenze investieren und gleichzeitig die verschärften Kontrollen an der deutschen Grenze bekommen“, warnte der Diplomat.

Auf die Frage, ob Polen Zurückweisungen von Migranten akzeptieren würde, sagte Tombinski, dass Polen zu seinen „Verpflichtungen im Rahmen der EU-Gesetzgebung“, darunter auch der neuen GEAS-Asylpolitik, stehe.

Der voraussichtliche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und sein designierter Kanzleramtschef Thorsten Frei hatten verschärfte Grenzkontrollen „vom ersten Tag“ der Kanzlerschaft angekündigt. Dies bekräftigte Frei nun im Gespräch mit dem „Spiegel“. Frei sagte: „Wir werden die Grenzkontrollen intensivieren und diejenigen zurückweisen, die kein Recht auf Einreise nach Deutschland haben.“ Die Verstärkung der Bundespolizei an den Grenzen sei „ein wesentlicher Punkt. Er wirkt kurzfristig.“

Mittelfristig müsse Europa noch einmal einen neuen Anlauf nehmen, Migration für den Kontinent insgesamt so zu regeln, „dass wir einerseits unserer humanitären Verantwortung gerecht werden und andererseits die Überforderung unserer Gesellschaften verhindern“, führte er aus. Frei sprach sich dafür aus, die in der EU vereinbarte Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu überarbeiten, wie es auch andere europäische Staaten wollen.

Die neue Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass „wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern Asylverfahren auch außerhalb der EU abwickeln können, etwa in Staaten in Afrika, die als sichere Drittländer eingestuft sind“. Auch müssten „Möglichkeiten für eine leichtere Rückführung auch in Drittstaaten außerhalb der EU“ geschaffen werden.

Bei den von der Ampelregierung aufgelegten Aufnahmeprogrammen kündigte er Einzelfallprüfungen an. Derzeit warten etwa 2600 Menschen aus Afghanistan mit Aufnahmezusagen auf Entscheidungen in ihren Visaverfahren. „Bestimmte Zusagen können nach unserer Rechtsordnung auch widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen“, sagte Frei. „Deswegen werden wir uns alle Einzelfälle anschauen müssen, um sie beurteilen zu können.“ Die neue Bundesregierung werde tun, „was rechtsstaatlich möglich und geboten ist, aber nichts darüber hinaus“.

Dobrindt spricht von „sofortigen Entscheidungen“

Der designierte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte derweil schnelle Maßnahmen gegen illegale Migration an. „Es wird sofort Entscheidungen geben“, sagte Dobrindt der „Süddeutschen Zeitung“. „An meiner Entschlossenheit gibt es keinen Zweifel.“ Allerdings machte Dobrindt auch deutlich: „Es werden keine Grenzen geschlossen, aber sie werden stärker kontrolliert.“

Die bereits beschlossene Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems reicht Dobrindt nicht aus. „GEAS geht in die richtige Richtung, ist aber zu langsam“, sagte er. „Wir wollen zusätzlich etwas erreichen.“ Der CSU-Politiker hofft, mit einem Umsteuern an der Grenze angesichts hoher Wahlergebnisse für die AfD die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden: „Wir haben eine starke Polarisierung im Land“, stellte Dobrindt fest. „Die müssen wir reduzieren. Das gelingt nur, wenn wir die illegale Migration in den Griff kriegen.“ Die Voraussetzungen für ein Umsteuern in der Migrationspolitik sind laut Dobrindt in der neuen schwarz-roten Regierung besser als während der letzten großen Koalition. „Der Unterschied zur letzten Groko ist: Es gibt dafür mehr Unterstützung aus dem Kanzleramt“, sagte Dobrindt.

Grüne zweifeln am Migrationskurs

Beim politischen Gegner allerdings wachsen die Zweifel am Migrationskurs der Union. „Alexander Dobrindt hat eine fast unlösbare Aufgabe“, sagte Fraktionschefin Britta Haßelmann mit Blick auf die von Merz geforderten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen. „Sein Start erinnert sehr an den unerfüllbaren Auftrag, den er als Verkehrsminister hatte: die rechtswidrige Pkw-Maut einzuführen. Damals ist er mit dem CSU-Prestigeprojekt maximal gescheitert.“ Nun müsse er die europarechtswidrigen Vorstellungen von Friedrich Merz umsetzen. „Ich bin gespannt, wie lange es diesmal dauert, bis das von Gerichten kassiert wird“, warnte die Grüne.

Merz plant für kommende Woche seinen Antrittsbesuch bei Polens Präsident Donald Tusk in Warschau. In Polen gilt das Thema als besonders sensibel, da am 18. Mai Präsidentschaftswahlen anstehen.

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