Nach Recherchen von stern und RTL: Polizei durchsucht rechtsextremen "Heimathof"
Die Polizei hat am Dienstagabend das bekannte Schulungszentrum der rechtsextremen "Jungen Nationalisten" (JN), den sogenannten Heimathof in Eschede, im Landkreis Celle, durchsucht. Dabei stellten die Beamten eine Schusswaffe sicher.
Die Razzia erfolgte nach Angaben einer Sprecherin der Polizei Celle gegen 20.50 Uhr. Kurz zuvor seien die Ermittler auf eine Undercover-Recherche von stern und RTL gestoßen. Der 18-jährige Lois Wagner, ein führendes Mitglied der JN, der Jugendorganisation der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei Die Heimat, hatte der verdeckten Reporterin unter anderem eine Pistole gezeigt, mit der angeblich Stahlkugeln verschossen werden können. "Ins Gesicht möchte man die nicht kriegen", sagte er.

Braune Kinderzimmer Sie wollten ein großes Ding durchziehen, sagt Justin. Einen Anschlag
Die Staatsanwaltschaft Lüneburg beantragte daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss für den "Heimathof", auf dem Wagner lebt.
Beschuldigter ist führendes JN-Mitglied
Der Beschuldigte, bei dem es sich nach stern-Informationen um Lois Wagner handelt, wurde von den Beamten nicht angetroffen. Die sichergestellte Schusswaffe wird aktuell "einer Untersuchung unterzogen", um zu ermitteln, um was für eine Waffe es sich genau handelt.

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Ein Reporterteam hatte sich zuvor in die internen Strukturen der "Jungen Nationalisten" eingeschleust und aufgedeckt, wie Rechtsextreme gezielt Mädchen, junge Frauen und ihre Kinder rekrutieren. Das nun durchsuchte Gelände dient auch als Schulungszentrum für die JN. "Der Heimathof wurde in den vergangenen Jahren zu einem bundesweiten Schulungs- und Veranstaltungszentrum ausgebaut", sagt der Experte André Aden von der Organisation Recherche Nord, der die Szene seit Jahrzehnten beobachtet. Der Hof sei mittlerweile eine Festung, abgelegen im Wald. Der ideale Rückzugsort für Rechtsextremisten.
"Die Ermittlungsbehörden schienen zuletzt das Gefühl zu haben, keine Handhabe mehr zu haben, weil das alles auf Privatgelände stattgefunden hat", sagt Aden. "Dass die Sicherheitsbehörden überhaupt Kenntnis von den Vorgängen vor Ort haben, bezweifle ich stark – die lokale Polizei in Celle, die nun sehr schnell reagiert hat, mal ausgenommen."

stern und RTL recherchierten monatelang undercover
Eine verdeckte Reporterin von stern und RTL war in diesem Jahr bei den sogenannten "Mädeltagen" vor Ort, bei dem die JN versuchte, junge Mädchen und Frauen auf dem abgeschotteten Schulungsgelände namens "Heimathof" zu indoktrinieren und radikalisieren. Bei der Veranstaltung zeigten führende Köpfe der Gruppierung Hitlergrüße und sangen am Lagerfeuer "Wir kämpfen für Hitler".

Braune Kinderzimmer "Die jungen Nazis sind gewalttätig"
Bei den "Jungen Nationalisten" sorgten die Veröffentlichung der Recherche und die Durchsuchung für Aufruhr. Das geht aus internen Chatnachrichten hervor, die dem stern vorliegen. Ein Mitglied der Chatgruppe schreibt um 20 Uhr, rund 50 Minuten vor der Durchsuchung: "Dennoch war das mit der Waffe nicht so klug. Da lässt die nächste Hausdurchsuchung nicht lange auf sich warten." Ein anderer Chatteilnehmer antwortet in einer Sprachnachricht: "Ja, das mit der CO2-Pistole war, gelinde gesagt, taktisch unklug. Jedoch ist alles, was dort gezeigt wird, nicht gerade förderlich, möchte ich diplomatisch mal ausdrücken."
Das gesamte Rechercheteam: Jonas Fedders, Markus Frenzel, Angelique Geray, David Holzapfel, Tina Kaiser, Frederik Mittendorff, Marc Neller.
Koordination: Tina Kaiser, Tim Kickbusch, Marc Neller.
Verifikation: Michael Lehmann
Weiteres zu Rechtsterrorismus: Am kommenden Montag, 5. Mai 2025, um 22.35 Uhr zeigt RTL die Fernseh-Doku "stern Investigativ.", die Sie dann auch bei stern.de und RTL+ abrufen können.
- Eschede
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