Die Reste von der Weihnachtsgans sind vertilgt und wir wenden uns dem nächsten, mittlerweile wohl umstrittensten Fest zu: Silvester. Für die einen das Event des Jahres, loslassen, Hemmungen fallen lassen, ein bisschen mit Sprengstoff spielen. Für die anderen der Anlass, sich darüber zu echauffieren, dass alles immer schlimmer, immer heftiger wird, nicht mehr tragbar ist. Ein Böllerverbot muss her!

Im Dezember über Böllerverbot zu sprechen, ist zu spät

Diese Debatte hat schon ihre ganz eigene Tradition und findet eigentlich immer nur "zwischen den Jahren" statt. Drei Tage vor der Angst (buchstäblich für viele Wild- und Haustiere, aber auch Menschen etwa mit Kriegstraumata) – und mal wieder zu spät.

Wir sehen Bilder von Männern, die in Supermärkte eilen, weil sie die ersten sein wollen, die sich mit Böllern eindecken, und reflexartig ist sie wieder da, die Diskussion, dass man das doch eigentlich verbieten sollte. 61 Prozent der Befragten bei MDRfragt sprechen sich mittlerweile für ein Böllerverbot aus. Vor zwei Jahren waren es nur 45 Prozent, die gegen private Knallerei zu Silvester waren. Auch diverse Initiativen, Ärzte und Polizei haben sich in den vergangenen Tagen bereits wieder zu Wort gemeldet. 

Ende Dezember kommt die Debatte aber zu spät. Inzwischen sind die Regale in den Supermärkten gefüllt, ist das Ganze eine Scheindebatte ohne wirkliche Konsequenzen.

Wunderliche Forderungen, ohne Konsequenz fürs Besserfühlen

Und so gibt es wie jedes Jahr auch wieder allerhand wunderliche Vorschläge, wie "Wenn es eine Verletzung gibt, dann muss derjenige in der Notaufnahme [dafür] bezahlen", vorgeschlagen von Erik Bodendieck, Präsident der sächsischen Landesärztekammer im Podcastinterview von LVZ und Sächsischer Zeitung.

Umsetzbar ist das nicht, fühlt sich aber irgendwie "gerecht" an, ein Bonbon, das man Böllergegnern zuwirft, worüber man bei Bleigießen und Raclette fabulieren kann, ohne echte Konsequenz. Denn wer soll denn prüfen, ob jemand selbst für eine Verletzung verantwortlich ist oder durch einen unvernüftigen Dritten oder bloßes Pech bei aller Vorsicht verletzt wurde. Sollte man dann für alle Dummheiten selbst aufkommmen? Natürlich nicht.

Da werden härtere Strafen gefordert, für Menschen, die in der Silvesternacht auf Einsatzkräfte, Feuerwehr und Rettungsdienst, losgehen. Richtig – aber auch das greift ja zu kurz.

Böllern an Silvester immer hemmungsloser

Die Importe von Silvesterfeuerwerk steigen, sind dieses Jahr auf einem neuen Rekordhoch, bei 32.158 Tonnen laut dem Statistischen Bundesamt. Dazu kommt das heimische Feuerwerk und illegales Feuerwerk, das auf der dunklen Straße am Silvesterabend so leicht nicht zu erspähen ist.

Und dazu kommen Männer, die sich überschätzen und aus diesem Material selbst Sprengsätze bauen und sich damit entweder schon in ihrer Garage hochjagen oder massive Explosionen in Wohngebieten auslösen.

Denn Silvester wird immer hemmungsloser, die Schere zwischen denen, die gegen die Knallerei sind und denen, die es immer heftiger und lauter wollen, klafft jedes Jahr weiter auseinander (und führt auch jedes Jahr zu steigenden Umsätzen für die Feuerwerksbranche.) Solange die Fronten so verhärtet sind und der Verkauf auf diesem Niveau weitergeht oder gar steigt, sehen wir am 1. Januar weiterhin Berichte über Zahl der Verletzten, Belastung für Umwelt und Tiere sowie Forderungen nach Verboten, härterem Durchgreifen. Und spätestens im Februar ist alles vergessen. Aber wir müssen diese Debatte führen, und das nicht nur zum Schein und nicht nur im Dezember.

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