Der 26. Dezember ist nicht nur ein feierlicher Weihnachtstag. An diesem Tag gedenken Christen Stephanus, des ersten Märtyrers des Christentums. Aus dem Neuen Testament kennen wir ihn als wichtige Stütze der christlichen Urgemeinde in Jerusalem. Er wurde getötet, weil er trotz Anfeindung seinen Glauben öffentlich bekannte.

Noch heute werden Menschen weltweit wegen ihrer Religion oder Weltanschauung bedroht, verfolgt und getötet. Sie verlieren ihre Freiheit, ihre Heimat oder sogar ihr Leben. Als Angehörige der größten Glaubensgemeinschaft sind Christen von der Verletzung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit besonders betroffen.

Jedoch treffen Einschränkungen der Religionsfreiheit selten ausschließlich Christinnen und Christen. Angehörige auch anderer Religionen und Weltanschauungen sind betroffen, weil sie diese bekennen, wechseln oder keiner Religion angehören.

In einigen Ländern geschieht dies subtil durch bürokratische und rechtliche Diskriminierung. In anderen Ländern offen und brutal in Form willkürlicher Verhaftungen durch die Staatsmacht oder gezielter Anschläge durch nichtstaatliche Akteure. Dies zeigt ein differenzierter Blick auf unterschiedliche Länderbeispiele.

Nigeria: Angriffe und Entführungen

Aus Nigeria erreichen uns wiederholt Schreckensnachrichten über Angriffe auf Kirchen, Entführungen von Geistlichen und Schulkindern. Die Dynamiken der Gewalt sind vielschichtig. Sie lassen sich auch nicht auf ausschließlich religiöse Elemente reduzieren.

Im „Middle Belt“ Nigerias gibt es Auseinandersetzungen um Ressourcen. Im Zentrum stehen Konflikte zwischen zum Teil militanten Gruppen unter den Fulani-Hirten und überwiegend christlichen Bauern. Hier berichten Nigerianische Bischöfe auch über gezielte Angriffe islamistischer Gruppen auf Christen. Im Norden sind Christen und vor allem Muslime terroristischer Gewalt der radikal-islamistischen Gruppe Boko Haram und des sogenannten Islamischen Staats ausgesetzt.

Der nigerianische Staat steht in der Verantwortung, den Schutz aller Menschen konsequent herzustellen. Zu oft scheitert er an der Realität und fehlender Kontrolle. Zudem gilt es, die zum Teil schwerwiegenden Verletzungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit für Christen, Atheisten sowie muslimische Minderheiten durch das in einigen nördlichen Bundesstaaten in Teilen angewandte Scharia-Recht und die Blasphemiegesetze zu beenden.

Nicaragua: Kirchen unter Druck

In Nicaragua stehen Kirchen und Glaubensgemeinschaften schwer unter Druck. Im Zuge der Auflösung von über 5.600 zivilgesellschaftlichen Organisationen werden auch sie hart getroffen. So wurden in den letzten Jahren hunderte kirchliche Organisationen und Bildungseinrichtungen geschlossen, ihre Güter konfisziert.

Geistliche und Laienvertreter werden Opfer von Überwachung, Verhaftungen und Ausweisungen. Freie und unabhängige Glaubensausübung ist im öffentlichen Raum so gut wie nicht mehr möglich, religiöse Praxis wird eng überwacht. Indigene Gemeinschaften sind in Ausübung und Erhalt ihrer Traditionen und Glaubenspraktiken massiv eingeschränkt.

Syrien: Bedrohte Minderheiten

Syrien ist traditionell eines der religiös vielfältigsten Länder in Nahost. Bei religiösen Minderheiten löste die Machtübernahme durch Ahmed Al-Scharaa, dem damaligen Anführer der islamistischen HTS-Miliz im Dezember 2024 große Sorgen aus. Die neue syrische Regierung unter Interimspräsident Scharaa ist bemüht, auf verschiedene religiöse Gruppen des Landes zuzugehen und Vertrauen aufzubauen. Christlichen Feste wurden als offizielle Feiertage anerkannt.

Der Anschlag eines Selbstmordattentäters des sogenannten Islamischen Staats auf die christliche Mar-Elias-Kirche in Damaskus im Juni forderte 22 Menschenleben – und schockierte viele Syrerinnen und Syrer. Er zeigte, dass religiöse Minderheiten in Syrien weiterhin durch Terrorismus bedroht sind.

Besorgniserregend waren auch die Gewalt im März an der Küste und im Juli in Suweida, bei denen mehrheitlich Alawiten und Drusen Gewaltopfer waren. Der Schutz aller Menschen in Syrien unabhängig von Ethnie, Religion und Geschlecht bleibt eine zentrale Aufgabe und Herausforderung für die syrische Regierung.

China: Streng kontrollierter Glaube

Die Politik der kommunistischen Regierung in China zielt auf die Sinisierung der religiösen und kulturellen Minderheiten ab. Religionsausübung unterliegt strengen Kontrollen, Religions- und Weltanschauungsfreiheit sind vielerorts stark eingeschränkt. Betroffen sind insbesondere die muslimischen Uiguren und buddhistischen Tibeter.

Aus Sicht der chinesischen Regierung muss auch der Nachfolger des Dalai Lama von Peking bestätigt werden. Immer wieder kommt es zu Repressionen oder Verhaftungen. So sind zuletzt 30 Mitglieder der evangelischen Zion-Kirche mit ihren Pfarrern in verschiedenen Regionen des Landes in einer Verhaftungswelle festgenommen worden.

Der Stephanustag erinnert uns daran, dass Religions- und Weltanschauungsfreiheit auch im 21. Jahrhundert nicht selbstverständlich ist. Er ermutigt uns, nicht wegzusehen, wenn das zentrale Menschenrecht für Juden, Muslime, Christen und viele andere Gläubige oder Menschen ohne Religion verletzt wird, sondern für sie einzustehen.

Thomas Rachel ist Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit.

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