„Kann man nicht an der Nationalität festmachen“ – Wegner geht auf Distanz zu „Stadtbild“-Aussage
Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ist auf Distanz zu der Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gegangen, wonach es wegen der Migration ein Problem im „Stadtbild“ deutscher Kommunen gebe. „Berlin ist eine vielfältige, internationale und weltoffene Stadt“, sagte Wegner dem „Tagesspiegel“. „Das wird sich immer auch im Stadtbild abbilden.“
Es gebe ein Problem „mit Gewalt, Müll und Kriminalität in der Stadt“, sagte Wegner am Rande eines Besuchs in Namibia weiter. „Aber das kann man nicht an der Nationalität festmachen.“ Generell warnte er insbesondere in Bezug auf Kriminalität und Tätergruppen vor verallgemeinernden Aussagen. Wegner bekannte sich allerdings auch zum Ziel verstärkter Abschiebungen ausreisepflichtiger Migrantinnen und Migranten.
Merz hatte bei einer Pressekonferenz in Potsdam bei einer Frage nach der Strategie gegen die AfD auf die Migrationspolitik verwiesen. Dort sei man „sehr weit“, sagte er und ergänzte: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen.“ Die Äußerung wurde in sozialen Netzwerken stark kritisiert, viele Nutzer werteten sie als Ablehnung von Migranten.
„Es darf sich nicht um Ausgrenzung handeln“
Regierungssprecher Stefan Kornelius wies den Vorwurf zurück. Er glaube nicht, dass man dem Kanzler Rassismus vorwerfen könne, so Kornelius. Merz habe immer klargemacht, „dass es sich bei der Migrationspolitik in seinen Augen nicht um Ausgrenzung handeln darf, sondern um eine einheitlich geregelte Zuwanderung“, sagte er. Kornelius betonte, er glaube nicht, „dass der Bundeskanzler ein Problem mit dem Stadtbild hat“.
Die Passage mit dem Satz wurde im Nachhinein nicht im Protokoll des Bundespresseamtes veröffentlicht. Kornelius sagte dazu, Veröffentlichungen des Bundespresseamtes würden dem Neutralitätsgebot unterliegen. Da Merz sich bei der Antwort „eindeutig als Parteivorsitzender“ zu erkennen gegeben habe, sei sie nicht veröffentlicht worden.
Grünen-Politiker Andreas Audretsch schrieb auf X: „Friedrich Merz hat nichts verstanden“, und teilte dazu ein Video von sich, in dem er sich direkt an den Kanzler wandte: „Herr Merz, Sie sind in einer anderen Zeit hängengeblieben.“
Ähnlich äußerte sich der EU-Parlamentarier Erik Marquardt von den Grünen. „Der Bundeskanzler sollte sich für diese rassistische Entgleisung entschuldigen“, forderte er auf X. „Menschen anderer Hautfarbe als ,Problem im Stadtbild‘ zu bezeichnen, ist schlicht Rassismus. Dass ihm so eine Aussage einfach herausrutscht, lässt tief blicken.“ Die frühere Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, ebenfalls bei den Grünen, schrieb auf X lakonisch: „Stadtbild. Ich fasse es einfach nicht.“
Merz‘ Aussage sei „diskriminierend“ und „unanständig“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge am Donnerstag im Bundestag. Sie „hätte erwartet, dass Sie die Courage haben, sich hier zu entschuldigen“, fügte sie mit Blick auf den Bundeskanzler hinzu.
Der Linken-Vorsitzende Jan van Aken unterstellt dem Bundeskanzler gar Rassismus. „Mit seinem rassistischen Ausfall will der Kanzler nur davon ablenken, dass er mit seiner Regierung gar nichts für die Menschen in diesem Lande gebacken bekommt“, sagte van Aken dem Nachrichtenportal t-online. „Merz vertritt ein Deutschlandbild wie in den 50er-Jahren. Er weiß offensichtlich überhaupt nicht, in was für einem Land wir leben.“
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz (CDU) kommentierte die Äußerung von Merz auf X mit den Worten: „Rückführungen wegen Problemen im Stadtbild??? Sollen doch mal alle, deren Aussehen im Straßenbild Unbehagen verursacht, aus Deutschland verschwinden – dann könnte morgen kein Krankenhaus in Deutschland mehr arbeiten. Gelungene Integration fällt per definitionem nicht auf.“
Der Lungenfacharzt Cihan Çelik, der für seine Aufklärungsarbeit in der Corona-Pandemie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, äußerte sich empört: „Wie soll man das anders verstehen, als dass der @bundeskanzler nach Aussehen und Ethnie entscheidet, wer dazugehört und wer ,im Stadtbild‘ stört? Störe ich Sie auch, Herr Merz? Ich laufe schließlich nicht im Arztkittel herum.“
Auf Zustimmung stieß Merz‘ Äußerung offenbar bei dem AfD-Politiker Jörg Baumann. „Meinte Merz etwa ,dieses Problem im Stadtbild‘?“, schrieb Baumann auf X und postete dazu vier Fotos, auf denen unter anderem betende Muslime vor dem Brandenburger Tor und eine „Happy Ramadan“-Beleuchtung in einer Innenstadt zu sehen waren.
Auch andere X-Nutzer unterstützten die Aussage des Kanzlers. „Sie finden, er hat Unrecht? Dann gehen Sie doch mal nachts unbegleitet durchs Frankfurter Bahnhofsviertel: Stadtbild genießen“, schrieb eine Nutzerin. Der Journalist Andreas Hallschka postete Fotos von einer propalästinensischen Demonstration und verschleierten Frauen, versehen mit dem Kommentar: „Ganz recht, #Stadtbild. #Merz hat recht.“
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