Merz fordert stärkeres Europa - und schweigt zum Wehrdienst
Vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gefordert, dass Europa seine Rolle als "Friedensmacht" stärker ausfüllt. "Europa muss seine Möglichkeiten entschlossener und geschlossener nutzen und muss seine Macht zum Einsatz bringen, um die Welt zum Besseren zu gestalten", forderte er in seiner Regierungserklärung zu dem Spitzentreffen im Bundestag. Die Einigung auf den Gaza-Friedensplan habe gezeigt, dass politisches Handeln einen Unterschied mache.
Merz kündigte an, dass er sich beim Gipfel weiter für die Nutzung russischen Vermögens für die Aufrüstung der ukrainischen Armee einsetzen werde. "Wir wollen das nicht tun, um diesen Krieg zu verlängern, wir wollen das tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden", betonte er und kündigte auch einen Aktionsplan gegen hybride Bedrohung aus Russland an.
Dröge kritisiert Durcheinander in Koalition beim Wehrdienst
Auf den aktuellen Streit in der Koalition über den Wehrdienst ging Merz in seiner halbstündigen Rede nicht ein. In der anschließenden Debatte spielte er dennoch eine Rolle. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte das Durcheinander im schwarz-roten Bündnis beim Ringen um den Gesetzentwurf, der heute in den Bundestag eingebracht werden soll. "Keiner weiß, wie es jetzt weitergeht", sagte sie. "Sie reisen jetzt nach Brüssel als ein Kanzler, der die Lage nicht im Griff hat." In Serie verweigerten die Koalitionsfraktionen ihrem Kanzler die Mehrheit. "Ein Kanzler ohne Mehrheit, der kann keine Regierung führen."
Die Koalition geht heute ohne gemeinsame Position in die parlamentarischen Beratungen über den Wehrdienst. Eine Einigung der Fachpolitiker beider Seiten war am Dienstag von der SPD-Fraktion ausgebremst worden. Unions-Fraktionschef Jens Spahn versicherte im Bundestag aber, dass es im weiteren Verfahren einen Kompromiss geben werde. "Dass wir gelegentlich diskutieren, dass wir debattieren, dass wir - ja auch hart - verhandeln: Das gehört dazu", sagte der CDU-Politiker. "Entscheidend ist, dass wir am Ende zu Entscheidungen kommen. Und das wird diese Koalition, wie in den letzten Monaten auch, ohne Zweifel."
Merz hofft auf Entscheidungen zu russischem Vermögen
Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen nächste Woche am Donnerstag und Freitag zu ihrem Herbstgipfel zusammen. Regierungserklärungen im Bundestag vor solchen Gipfeln sind üblich. Ein zentrales Projekt des Kanzlers bei dem Treffen in Brüssel wird das Werben für die Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens sein. Er hat schon beim Gipfel in Kopenhagen Anfang Oktober die Erwartung geäußert, dass es nun in Brüssel konkrete Entscheidungen dazu gibt.
Merz will das Vermögen der russischen Zentralbank für Kredite in Höhe von 140 Milliarden Euro nutzen, um die Ukraine für den weiteren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer aufzurüsten. Dagegen gibt es aber massive Bedenken vor allem in Belgien, wo der größte Teil des Gelds lagert. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse erkennen, dass er nicht den längeren Atem in dem Konflikt hat, sagte Merz.

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Aktionsplan gegen Bedrohung aus Russland geplant
Auf die Bedrohung aus Russland will die Bundesregierung mit einem neuen umfassenden Aktionsplan zur Abwehr hybrider Gefahren reagieren. Der Nationale Sicherheitsrat werde in wenigen Tagen in seiner konstituierenden Sitzung darüber beraten, sagte der Kanzler. Er warf Russland vor, Deutschland und Europa destabilisieren zu wollen - mit Sabotage, mit Spionage und mit Mord, mit Cyberangriffen und gezielter Desinformation. "Auch aus Ihren Reihen", sagte Merz unter Applaus an die Adresse der AfD-Fraktion.
Merz will Regulierung eindämmen
Merz will beim EU-Gipfel auch auf Fortschritte für eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der Europäischen Union dringen. "Europa wird nur produktiver werden, wenn es sich grundlegend ändert", sagte er. Das heiße Schluss mit Regelungswut, schnellere Verfahren, offene Märkte und mehr Innovation. Merz betonte zugleich, dies stehe nicht im Widerspruch zu dem klaren Bekenntnis, die Klimaschutzziele bis 2045 und die Zwischenziele bis 2040 zu erreichen.
Keine Ansage zum Verbrenner-Aus
Er wolle allen Zweifeln daran ausdrücklich entgegentreten, sagte der Kanzler. Dies sei organischer Teil der Umwelt- und Wirtschaftspolitik. "Allerdings nicht nur mit Regulierung und schon gar nicht mit Verboten, sondern mit offener Technologie, mit Innovation, mit Wettbewerbsfähigkeit auch gerade in Technologien, die Umweltschutz überhaupt erst möglich machen." Zur Diskussion über das geplante Aus für Verbrennermotoren ab 2035 äußerte der Kanzler sich nicht.
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