Im Streit um die sogenannte Chatkontrolle zur Bekämpfung von Kinderpornografie hat sich das Bundesjustizministerium gegen einen auf EU-Ebene diskutierten Vorschlag ausgesprochen. „Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein“, sagte Justizministerin Stefanie Hubig (SPD).

Private Kommunikation dürfe nie unter Generalverdacht stehen und der Staat dürfe Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft auf verdächtige Inhalte zu scannen. „Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen“, fügte Hubig hinzu.

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, betonte, dass dies für seine Partei nicht infrage komme. „Die Behörden brauchen entsprechende Ermittlungsbefugnisse“, sagte Wiese am Mittwoch. Er glaube auch nicht, dass eine generelle Kontrolle der Chats etwa bei Messengerdiensten Bestand vor deutschen Gerichten hätte. Wenn Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) weitergehende Wünsche habe, werde dieser sich vielleicht noch einmal mit Spahn unterhalten.

Aber auch Spahn hatte am Dienstag betont, dass die Union gegen die anlasslose Kontrolle von Chats sei. „Das wäre so, als würde man vorsorglich alle Briefe öffnen und schauen, ob da etwas Verbotenes drin ist. Das geht nicht, das wird es mit uns nicht geben“, betonte der CDU-Politiker. Sicherlich müsse man etwa Kindesmissbrauch bekämpfen und ahnden können. Am Ende müsse eine EU-Verordnung Kinder wirksam schützen, ohne aber dabei die Sicherheit und die Vertraulichkeit individueller Kommunikation zu gefährden.

Die EU-Mitgliedstaaten beraten am Abend auf Botschafterebene über einen Vorschlag zur sogenannten Chatkontrolle. Das seit Jahren umstrittene Gesetzesvorhaben sieht vor, dass Behörden Nachrichten und Fotos bei Messengern wie WhatsApp, Signal und Co. auf kinderpornografische Inhalte durchsuchen können sollen – bevor sie verschlüsselt werden.

Zeichnet sich eine Einigung ab, könnten die zuständigen Minister der Länder darüber Anfang nächste Woche abstimmen. Allerdings fallen Stimmen bevölkerungsreicher Länder wie Deutschland schwer ins Gewicht und sind somit entscheidend. In den vergangenen Wochen war unklar, wie sich die Bundesregierung zu dem Thema positioniert.

Bundestagsbüros berichten derweil, dass sie täglich mit hunderten automatisierten Protestmails geflutet werden, die zur Positionierung gegen den EU-Vorschlag aufrufen. „Horror“, so eine Büroleiterin gegenüber „Politico“. Es seien bei ihr 300-400 E-Mails am Tag.

Mitgliedstaaten finden seit Jahren keinen Kompromiss

Die Europäische Union berät seit drei Jahren über die entsprechenden Regeln. Mehrere Ratspräsidentschaften scheiterten bereits beim Versuch, einen Kompromiss zu finden, dem genügend Mitgliedstaaten zustimmen.

Findet sich doch noch eine Mehrheit für den Vorschlag, bräuchte es dann eine Einigung mit dem Europäischen Parlament. Das sieht eine mögliche Chatkontrolle aber quer durch alle politischen Lager äußert kritisch und wollte den ursprünglichen Vorschlag damals entschärfen.

Die Betreiber der Messengerdienste sowie Datenschützer hatten zuletzt ebenfalls deutliche Kritik an dem Vorschlag geübt.

Auch die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden von Bund und Ländern forderte Bundesregierung dazu auf, den EU-Entwurf zur sogenannten Chatkontrolle abzulehnen. Der Verordnungsentwurf der dänischen EU-Ratspräsidentschaft überschreite rechtsstaatliche Grenzen, erklärte die Datenschutzkonferenz in Berlin.

Darin seien „verpflichtende Möglichkeiten zur Massenüberwachung privater Chats“ sowie des „flächendeckenden Scannens von privaten Nachrichten“ vorgesehen

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