Ein Tag im Leben eines amerikanischen Kriegers
Um 0600 schlägt Sergeant Guy die Augen auf.
In einer fließenden Bewegung lässt er sich neben sein Bett in den Liegestütz fallen. Bei 100 hört er auf zu zählen. Nach einer eiskalten Dusche und einer gründlichen Rasur betrachtet sich Guy halb angezogen im Spiegel. Für einen Augenblick gefällt ihm, was er da sieht. Der Moment währt nur kurz, schließlich ist er sehr heterosexuell. Die stahlgrauen 6 Millimeter auf dem Kopf, die mattschwarze 9 Millimeter an der Hüfte, das breite Kreuz auf seiner Brust. Das müsste nachgestochen werden, fällt ihm auf. Das Tattoo darunter ist unvollständig. Beim fünften Gebot, "Du sollst nicht töten", war er wutentbrannt und glaubenskriselnd aus dem Studio gestürmt.
0645.
In der Küche erwartet seine Frau ihn bereits. Zu ihrem weiß-gepunkteten, knöchellangen roten Kleid trägt sie das passende 50er-Jahre-Lächeln. Sie reicht ihm, wie jeden Morgen, einen auf Hochglanz polierten Apfel und eine Tasse extrastarken, schwarzen Kaffee. Während er in seinen Red Delicious beißt, schält sie sich ein Viertel Pink Lady. Seine Frau achtet auf ihre Figur, auch während der Schwangerschaft. Sie essen schweigend. Es bedarf keiner Worte. Sie lieben sich ja, das hatten sie bei der Hochzeit vor sieben Jahren so vereinbart.
0715.
Im frühen Licht der Morgendämmerung klettert Sergeant Guy in seinen Pick-up. Der Pontiac Patriot, ein Schweröl-Diesel-Hybrid in Mitternachtsblau mit Weißkopfseeadler auf der Motorhaube, ist sein ganzer Stolz. Seinen alten, geliebten Lincoln hatte er verscherbelt, nachdem Hersteller Ford nicht auf seine wiederholten Bitten um Namensänderung reagiert hatte. Der Motor startet mit einem Brüllen.
Bis eben hatte es geregnet, jetzt scheint wieder die Sonne. Ein blasser Regenbogen spannt sich über die Skyline am weit entfernten Horizont. Bei dem Anblick tritt Sergeant Guy in die Bremsen, zückt sein Trump-Mobile, schießt ein Foto. Das schickt er einem Bekannten bei Homeland Security mit der Bitte um sofortige Einschätzung: Vielleicht eine linke, woke Schläferzelle?
0800.
Im Fort Davis hängen die Fahnen auf halbmast, in Gedenken an die Meinungsfreiheit. Die war vergangenen Freitag gestorben, nachdem der Präsident den Verleumdungsprozess gegen das New Yorker Lügenblatt verloren hatte. Beim Schießtraining macht Sergeant Guy seinem Ärger Luft. Er trifft ins Schwarze – wenn auch nicht in die Mitte.
1000.
Einsatzbesprechung. Major McManly verteilt eines seiner seltenen Lobe. Portlands Straßen seien nicht zuletzt Dank der unermüdlichen Entschlossenheit der hier Versammelten wieder sicher. Sergeant Guy selbst hatte in der – vom linken Mob annektierten – Stadt unter Einsatz seiner Würde im Alleingang drei Studenten mit vorgehaltener Waffe über ihr biologisches Geschlecht aufgeklärt und ein kleines Mädchen aus den Klauen ihres mutmaßlich illegalen, mutmaßlich kriminellen Einwanderer-Vaters gerettet. Bei der Erinnerung daran schwillt ihm die Brust samt Kreuz.
1130.
Die Mittagspause nutzt Sergeant Guy (nebst einer kurzen Rasur) für Besorgungen, zu denen seine Frau nicht fähig ist. Im Baumarkt Home Depot kauft er einen neuen Bolzenschneider für den Workshop am Wochenende: "Wie flechte ich meinen eigenen Stacheldraht?" Eigentlich wollte er da nicht mehr hingehen. Beim Kurs vergangene Woche ("Wie stricke ich Falschbehauptungen?") hatte sich ein Teilnehmer als Demokrat geoutet. Sergeant Guy hatte schon vermutet, dass der Typ mindestens schwul sei. Aber das?!
1400.
Am Nachmittag besucht Sergeant Guy ein Pflichtseminar zum Thema Cyberkriegsführung. Gastdozent Nick Fuentes gibt praxisnahe Einblicke ins Trollen, bietet sogar Aufbaukurse samt Urkunde im einseitigen Argumentieren an. Ein feiner Mensch, ein echter Krieger.
1700.
Kurz vor Feierabend, auf dem Weg zu seinem Auto, brüllt Sergeant Guy das Trommelfell eines Rekruten blutig, weil der ihn nicht hinreichend respektvoll gegrüßt hat. Fazit: Die Jugend geht vor die Hunde.
1730.
Auf dem Heimweg macht er Halt beim Farmer's Market. Hier darf er seinem Abendessen noch selbst den Hals umdrehen. Als er wenig später in seine Straße abbiegt, wartet seine Familie schon auf der weiß gestrichenen Veranda. Seine nunmehr sieben Söhne stehen in Reih und Glied, die Hand zum Salut an die Schläfe gelegt, den Blick in ihre strahlende Zukunft gerichtet. Guy hat eine Emotion. Seiner nicht mehr schwangeren, jetzt wieder ansehnlichen Frau schenkt er ein liebevolles Nicken.
1800.
Während die Gattin das frisch erdrosselte Lamm im Ganzen kocht und sein Ältester, Guy Junior, sein Lieblingssturmgewehr poliert, lässt Sergeant Guy sich mit einem patriarchalen Ächzen in den Sessel fallen. Im Fernsehen läuft eine Sendung namens "How to Get Away with Murder". Sergeant Guy greift gerade nach Block und Stift, da klingelt sein Semi-Smartphone. Ein Kamerad ist dran. Er soll sofort auf Fox News umschalten, der Kriegsminister spricht. Hastig wechselt Sergeant Guy den Kanal. Pete Hegseth verabschiedet gerade die letzte verbliebene Generalin in Elternzeit. "Ein schöner Mann", denkt sich Sergeant Guy.
Dann lässt Hegseth die Bombe platzen: Er werde die Namen aller Militärangehörigen auf ihre Wehrtauglichkeit hin prüfen lassen. Wer einen ausländischen, muslimischen oder gar einen wie auch immer gearteten woken Namen trage, habe fortan keinen Platz mehr in den US-Streitkräften. "Haarscharf", denkt sich Sergeant Guy, den nur ein Buchstabe von der unehrenhaften Entlassung trennt.
2130.
Vor dem Zubettgehen und nach dem Rasieren beträufelt Sergeant Guy die marmorglatten Wangen mit dem Tonikum, das er günstig bei Infowars.com geschossen hat. Es soll den Bartwuchs um bis zu 1000 Prozent steigern. Es brennt wie Säure. Aber wenn Indianer keinen Schmerz kennen, dann Sergeant Guy erst recht nicht.
2200.
Sergeant Guy setzt sich auf die Bettkante, um zu beten. Ein Mann kniet nicht vor einem anderen Mann, auch nicht vor Gott. Er bekreuzigt sich, bittet um die Vergebung seiner und für die Bestrafung der Sünden anderer.
Bevor er das Licht löscht, drückt er dem goldgerahmten Präsidenten auf dem Nachttisch einen dicken Schmatzer auf die schmalen Lippen. Seine Frau geht leer aus, sie ist im Bad und macht einen positiven Schwangerschaftstest.
Sergeant Guy schläft mit der beruhigenden Gewissheit ein, sein Land, wie jeden Tag, ein bisschen besser gemacht zu haben. Wie das ein wahrer amerikanischer Krieger eben tut.
- Pete Hegseth
- Portland
- USA
- US-Armee
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