• Bundeskanzler Merz will in den kommenden Monaten umfassende Reformen angehen.
  • AfD-Chefin Alice Weidel warf Merz "Kriegstreiberei" vor.
  • Die Linke bezeichnet die geplanten Sozialreformen als grausam.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Menschen in Deutschland auf tiefgreifende Reformen in den nächsten Monaten vorbereitet. "Die Entscheidungen, die vor uns liegen, gehen nicht um Details, sondern sie gehen um sehr Grundsätzliches", sagte der CDU-Chef in der Generaldebatte über den Kanzleretat im Bundestag. "Es geht um nicht mehr und um nicht weniger als um die Zukunft unseres Landes – wie wir leben, wie wir zusammenleben, wie wir arbeiten, wie wir wirtschaften, und ob unsere Werte weiterhin Bestand haben."

Merz besorgt über die gesellschaftliche Lage in Deutschland

Die Freiheit sei bedroht, die Bürger spürten eine wachsende Unsicherheit, das deutsche Wirtschaftsmodell sei durch "einen neuen Protektionismus, der sich gegen Freihandel und offene Märkte richtet" unter Druck, warnte Merz. Zudem werde der Zusammenhalt durch politische Kräfte im In- und Ausland in Frage gestellt, die die Demokratie verächtlich machten, Zwietracht säten und die Gesellschaft und auch die Regierung auseinanderdividieren wollten.

Die Koalition habe aber "den festen und den gemeinsamen Willen, sich diesen Realitäten zu stellen", unterstrich Merz. "Wir werden unsere Freiheit bewahren, den Wohlstand sichern und neuen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ermöglichen", fügte er hinzu.

Merz zeigte sich besorgt über die gesellschaftliche Lage in Deutschland.Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Reformen bei Rente, Gesundheitssystem und Bürgergeld geplant

Merz kündigte umfassende Reformen bei der Rente, dem Gesundheitssystem und dem Bürgergeld an. "Es geht nicht darum, Menschen, die nicht arbeiten können, das Leben noch schwerer zu machen. Aber wir wollen, dass alle, die arbeiten können, auch tatsächlich arbeiten. Auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit", betonte er.

Bei der Rente müsse "der Generationenvertrag neu gedacht werden", so der Kanzler. Weiterhin müsse jedoch "die ältere Generation für ihre Arbeit, die sie geleistet hat, ihren wohlverdienten Ruhestand in wirtschaftlicher Sicherheit genießen können", sicherte er zu. Konkrete Maßnahmen nannte Merz dafür allerdings nicht. Er verwies lediglich auf die bereits auf den Weg gebrachten Neuregelungen, insbesondere die Aktivrente, die freiwilliges längeres Arbeiten attraktiver machen soll.

Der Kanzler stellte die Menschen gleichzeitig aber auf eine lang anhaltende Reformdebatte ein. "Es wird sich ein Winter, ein Frühling, ein Sommer, ein nächster Herbst anschließen mit Reformen", kündigte Merz an. Er bat alle, "die ungeduldig auf die Veränderungen warten, auch um die notwendige Ausdauer."

Weidel wirft Merz "Kriegstreiberei" vor

Zuvor hatte AfD-Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel den Kanzler scharf attackiert, ihm erneut den Bruch von Wahlversprechen und "Kriegstreiberei" in der Ukraine vorgeworfen. Sie kritisierte die Migrationspolitik der schwarz-roten Bundesregierung scharf und sprach von "Alibimaßnahmen und Symbolpolitik". Anders als in seiner ersten Generaldebatte als Kanzler im Juli ging Merz diesmal aber nicht darauf ein.

Alice Weidel, Fraktions- und Bundesvorsitzende der AfD, kritisierte Merz scharf.Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Grüne werfen Merz Etat-Tricksereien vor

Kritik an der Politik der schwarz-roten Bundesregierung kam auch von den Grünen. Fraktionschefin Katharina Dröge warf Merz vor, den Mittelstand zu vergessen. Die Stromsteuer müsse wie versprochen für alle sinken. Statt mit dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz "einen Moment des Aufbruchs" zu schaffen, sorge die Koalition für "Enttäuschung".

Dröge warf Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) vor, "mit intransparenten Buchungstricks so viel Geld aus dem Sondervermögen eben nicht zu investieren, sondern im Haushalt zu versenken". Dies sei angesichts deutlich steigender Werte für die AfD "das falsche Signal zur falschen Zeit". Nötig sei "eine Politik, die Vertrauen schafft".

Katharina Dröge, Bundestagsfraktionsvorsitzende der Grünen, warf Merz vor, den Mittelstand zu vergessen.Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Linke bezeichnet geplante Sozialreformen als grausam

Die Linke warf der Bundesregierung eine falsche Prioritätensetzung bei den Staatsausgaben vor. "Egal wo, es ist nie Geld da, wir müssen ja aufrüsten", kritisierte Fraktionschefin Heidi Reichinnek. "Das Einzige, was bei Ihrem Haushalt rollt, das sind die Panzer." Sie griff die Koalition für ihre Reformpläne bei den Sozialsystemen zum Beispiel beim Bürgergeld an. "Was bei Ihnen ansteht, ist nichts anderes als ein Herbst der sozialen Grausamkeiten. Das werden wir nicht hinnehmen."

Was die Koalition als Gerechtigkeit verkaufen wolle, sei nichts anderes als Armenhass. Die Linksfraktionschefin forderte, Reiche stärker bei der Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen.

Heidi Reichinnek, Fraktionsvorsitzende der Linken, kritisierte die geplanten Reformen.Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Miersch mahnt bei Reformen soziale Gerechtigkeit an

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch bekannte sich klar zu notwendigen Reformen, mahnte dabei aber soziale Gerechtigkeit an. "Wir stehen zu einem Sozialstaat, der dem Einzelnen Sicherheit gibt", sagte Miersch in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Zur Gerechtigkeit gehöre zudem auch eine angemessene Beteiligung "der ganz großen Vermögen" bekräftigte er das Ziel der SPD, Korrekturen bei der Erbschaftsteuer zu erreichen.

"Wir stehen zu den Reformen, wir brauchen Reformen", betonte Miersch. Er kritisierte beispielsweise, dass es im Gesundheitssystem trotz staatlicher Milliardenzahlungen weiterhin schwierig sei, Termine beim Facharzt zu bekommen. Die SPD werde aber weiter für Schutz im Alter oder bei Krankheit sorgen, "darauf können sich die Menschen verlassen".

Beschluss über Bundeshaushalt 2025

Der Bundestag diskutiert in dieser Woche abschließend über den Bundeshaushalt für 2025. Anlässlich der Beratung über den Etat des Kanzleramts kommt es in den Haushaltswochen traditionell zum Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition in der Generaldebatte. Das wiederholt sich bereits in der kommenden Woche, wenn der Bundeshaushalt für 2026 auf der Tagesordnung des Parlaments steht.

dpa, efp, rtr, AFP (smk)

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