Angesichts der angespannten Sicherheitslage sprechen sich der frühere Außenminister Sigmar Gabriel und der ehemalige Wehrbeauftragte des Bundestages Hans-Peter Bartels (beide SPD) für eine Rückkehr zur Wehrpflicht aus. „Deutschland muss zur Wehrpflicht zurückkehren. Anders wird es uns nicht gelingen, die Bundeswehr wieder zu einer Territorialarmee zu machen, die auch über ausreichend Reservisten verfügt“, sagte Gabriel dem „Tagesspiegel“.

Außerdem sei die Wehrpflicht ein gutes Instrument, „um eine Debatte zu führen, wie sich die Welt verändert hat. Und dass wir Deutschen nicht glauben dürfen, das ziehe alles an uns spurlos vorbei“, sagte Gabriel: „Die Diskussion um die Wehrpflicht muss uns helfen, unsere Illusionen loszuwerden. Wir leben in einer Welt, in der Verteidigungsfähigkeit und Abschreckung Voraussetzung für den Frieden sind. Eine starke Bundeswehr dient nicht dem Krieg, sondern der Kriegsverhinderung. Dafür müssen wir Pflichten annehmen.“

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Die Vorstellung, es gebe in „postheroischen Zeiten nur Rechte, aber keine Pflichten, führt uns in die Sackgasse und in die Bedeutungslosigkeit“, sagte der frühere Vizekanzler und Ex-SPD-Chef. Dafür könne die Debatte über die Wehrpflicht „ein Katalysator“ werden. „Sie kann dazu führen, dass die Deutschen verstehen, was die Stunde geschlagen hat. Nicht in dem Sinne, dass sie Angst vor Krieg bekommen, sondern dass Stärke und Verteidigungsfähigkeit der beste Weg ist, Krieg zu verhindern“, sagte Gabriel.

Auch der frühere Wehrbeauftragte und SPD-Politiker Hans-Peter Bartels ist für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. „Egal, in welche Richtung sich Russlands Ukraine-Krieg entwickelt, Waffenstillstand oder ewiger Kampf: Für die Bundeswehr bedeutet beides, dass sie schnell zu ihrer geplanten neuen Stärke aufwachsen muss. Das Geld dafür ist jetzt da, Material wird bestellt – nur fehlt in großem Maßstab das Personal“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Ohne echte Wehrpflicht werden die der Nato angezeigten Zielzahlen von 260.000 aktiven Soldaten (von jetzt 180.000) und mobilgemacht (mit Reservisten) 460.000 nie und nimmer zu erreichen sein.“

Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt, ist aber weiter im Grundgesetz verankert. Sie kann mit einfacher Mehrheit im Bundestag wieder eingeführt werden.

Ende des Monats soll das Kabinett über einen Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius für einen neuen Wehrdienst abstimmen, der möglichst zu Jahresbeginn 2026 in Kraft treten soll. Er setzt auf Freiwilligkeit und finanzielle Anreize.

In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD sich auf einen Wehrdienst verständigt, „der zunächst auf Freiwilligkeit basiert“. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte das so interpretiert, dass es keine Wiedereinführung der Wehrpflicht vor der nächsten Bundestagswahl geben werde.

Der SPD-Politiker hatte mehrfach deutlich gemacht, dass die vereinbarte Freiwilligkeit nur gilt, wenn der Bedarf an Soldaten auf diesem Weg gedeckt werden kann.

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