UN erklären Hungersnot in Gaza-Gebiet – Israel zweifelt Daten an
Die Vereinten Nationen haben erstmals für ein Gebiet im Gaza-Streifen den Zustand einer Hungersnot erklärt. Die dafür notwendigen Kriterien seien erfüllt, teilte die zuständige IPC-Initiative (Integrated Food Security Phase Classification) mit.
Es geht um den Regierungsbezirk Gaza, in dem auch die Stadt Gaza liegt. Das Leben von 132.000 Kindern unter fünf Jahren sei wegen Unterernährung bedroht, teilte die Initiative mit. 41.000 davon würden als besonders bedrohliche Fälle betrachtet, doppelt so viele wie bei der vorherigen Einschätzung im Mai.
Israel wies den Bericht der IPC-Initiative umgehend zurück. „Es gibt keine Hungersnot in Gaza“, schrieb das israelische Außenministerium auf der Plattform X. Die Einschätzung der IPC-Initiative basierten auf falschen Angaben der Terrororganisation Hamas. In den vergangenen Wochen hätten Hilfslieferungen „den Gaza-Streifen mit Grundnahrungsmitteln überschwemmt“.
Das Außenministerium sowie die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat sprachen zudem von geänderten Kriterien der IPC. „Der Bericht ignoriert bewusst Daten, die den Autoren in einem Treffen vor seiner Veröffentlichung vorgelegt wurden und übersieht die in den letzten Wochen unternommenen Bemühungen zur Stabilisierung der humanitären Lage im Gaza-Streifen völlig“, teilte Cogat mit. Welche Angaben den Autoren vorgelegt wurden, blieb offen.
WELT hatte am Donnerstag über wachsende Zweifel an der Verlässlichkeit und Unabhängigkeit der IPC-Reports berichtet. Ernährungsexperten beklagen eine Politisierung des IPC-Prozesses und mangelnde Transparenz.
Ehe eine Hungersnot erklärt wird, müssen drei Kriterien erfüllt sein: Mindestens 20 Prozent der Haushalte sind von einem extremen Lebensmittelmangel betroffen, mindestens 30 Prozent der Kinder leiden unter akuter Mangelernährung und täglich sterben mindestens zwei Erwachsene oder vier Kinder pro 10.000 Einwohner an Hunger oder aufgrund des Zusammenspiels von Unterernährung und Krankheit. Die IPC-Initiative wurde 2004 gegründet. Mitglieder sind knapp zwei Dutzend Organisationen der Vereinten Nationen, sowie Hilfsorganisationen.
SPD-Ministerin: „Immer mehr Menschen verhungern vor unseren Augen“
Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) bekräftigte nach der Erklärung einer Hungersnot durch die UN die Forderung nach Zugang für deutlich mehr Hilfe. Der IPC-Bericht zeige deutlich die katastrophale Lage in Gaza, erklärte die SPD-Politikerin.
„Immer mehr Menschen – und vor allem Kinder – verhungern vor unseren Augen. Es darf nicht so weitergehen. Die Hungersnot ist ausschließlich menschengemacht“, so Alabali Radovan. „Der Zugang zu Hilfslieferungen hat sich zwar leicht verbessert, aber der IPC Report zeigt auch, dass reicht bei Weitem nicht aus. Es braucht einen sofortigen Waffenstillstand und gleichzeitig gilt: Die Hamas muss die Geiseln sofort und bedingungslos freilassen.“
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke