Netanjahu ordnet Verhandlungen zu Freilassung „aller Geiseln“ an
Inmitten der israelischen Vorbereitungen auf die Einnahme der Stadt Gaza hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die Aufnahme „sofortiger Verhandlungen“ zur Freilassung „aller Geiseln“ angeordnet. Er habe angewiesen, „unverzüglich Verhandlungen über die Freilassung aller unserer Geiseln und die Beendigung des Krieges unter für Israel akzeptablen Bedingungen aufzunehmen“, sagte Netanjahu am Donnerstag in einer Videobotschaft. Unterdessen verstärkte die israelische Armee mit ihrem Vorrücken auf Gaza den Druck auf die islamistische Hamas.
Netanjahu äußerte sich am Donnerstag während eines Ortsbesuches bei der Gaza-Division. Er reagierte damit indirekt auf den jüngsten Vorschlag der Vermittler Ägypten, Katar und USA zu einer Waffenruhe und der Freilassung der seit 22 Monaten noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.
Konkrete Einzelheiten nannte Netanjahu nicht, auch erwähnte er den Vorschlag nicht ausdrücklich. Er fügte aber hinzu, dass er kurz davor sei, die Pläne der Armee „zur Eroberung der Stadt Gaza“ zu genehmigen, die darauf abzielten, die Hamas „zu besiegen“. „Diese beiden Dinge – die Niederlage der Hamas und die Freilassung aller unserer Geiseln – gehen Hand in Hand“, sagte er.
Angehörige sprechen sich für Vermittlervorschlag aus
Der derzeit auf dem Tisch liegende Vermittlervorschlag, dem die Hamas nach eigenen Angaben zugestimmt hatte, sieht eine Freilassung einiger von ihr festgehaltener Geiseln vor – nicht aller. Demnach ist die Hamas bereit, zehn lebende und 18 tote israelische Geiseln an Israel zurückzugeben, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Kreisen der Hamas und des mit ihr verbündeten Islamischen Dschihad erfuhr.
Die Angehörigen der Geiseln haben sich indes dafür ausgesprochen, dass Israel diesen Vorschlag annimmt. Eine Ablehnung würde „die lebenden Geiseln zum Tode und die toten zum Vergessen verurteilen“, warnte die Ehefrau des am 7. Oktober 2023 aus dem Kibbuz Nahal Oz verschleppten Familienvaters Omri Miran, Lishay Miran Lavi.
Unterdessen erklärte die israelische Armee, sie habe Krankenhäuser und internationale Organisationen in Gaza aufgefordert, mit den Evakuierungsvorbereitungen zu beginnen. Die Armee kündigte am Donnerstag eine bevorstehende „vollständige Evakuierung“ der dichtbesiedelten Stadt an.
Die Armee forderte Krankenhäuser und medizinisches Personal auf, „einen Plan für den Transport von medizinischem Material vom Norden in den Süden auszuarbeiten“ und versicherte, dass sie ihnen „einen Ort zum Operieren zur Verfügung stellen“ werde, „sei es ein Feldlazarett oder ein anderes Krankenhaus“.
Am Mittwochabend hatte die Armee erklärt, mit „vorbereitenden Einsätzen“ zur Einnahme der letzten Hamas-Hochburg in der größten Stadt des Palästinensergebiets begonnen zu haben. An der bevorstehenden Offensive sollten nach Angaben der Armee fünf Divisionen beteiligt sein.
Hamas „heute nicht mehr dieselbe“, laut Armeesprecher
„Wir werden unsere Angriffe gegen die Hamas im Gazastreifen verstärken“, erklärte Armeesprecher Effie Defrin. Die Streitkräfte kontrollierten bereits „die Vororte der Stadt“. „Wir werden die Voraussetzungen schaffen, um die Geiseln zurückzuholen.“
Aus Defrins Sicht ist die Hamas „heute nicht mehr dieselbe“ wie früher. Die islamistische Palästinenserorganisation, die mit ihrem brutalen Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte, sei „nur noch eine geschwächte Guerillagruppe unter Druck“.
Die Hamas reagierte auf die Evakuierungs-Aufrufe mit vehementer Ablehnung. Das Hamas-Gesundheitsministerium brachte am Donnerstag in einer Erklärung „seine Ablehnung aller Maßnahmen zum Ausdruck, die das nach der systematischen Zerstörung durch die israelische Armee noch verbliebene Gesundheitssystem weiter schwächen würden“.
Verteidigungsminister Israel Katz hatte den Plan der israelischen Armee zur Einnahme von Gaza am Mittwoch gebilligt. Zudem gab er grünes Licht für die Mobilisierung von etwa 60.000 Reservisten, die nach Armee-Angaben Anfang September beginnen soll.
Bewohner von Gaza berichteten AFP am Donnerstag von nächtlichem Beschuss in Außengebieten, darunter Dschabalija, Nasla und Sabra. „Das Haus hat die ganze Nacht gewackelt. Der Lärm von Explosionen, Artillerie, Kriegsflugzeugen, Krankenwagen und Hilfeschreien macht uns fertig“, sagte der Palästinenser Ahmad al-Schanti.
Viele Einwohner sind bereits aus dem Gebiet geflohen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) nannte die Ausweitung der Angriffe „nicht tolerierbar“. Durch die Intensivierung der Angriffe werde es mehr Tote, mehr Vertriebene, „mehr Zerstörung und mehr Panik“ geben.
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