Der vielleicht letzte Akt des Maut-Debakels. Die Lage am Morgen
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
mehr als sechs Jahre ist es her, dass der Europäische Gerichtshof das ehemalige Lieblingsprojekt der CSU, die von ihr so bezeichnete "Ausländermaut", als rechtswidrig befand – und damit in der Versenkung verschwinden ließ. 243 Millionen Euro kostete das politische Debakel den Steuerzahler, denn der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer war schon zuvor Zusagen gegenüber Betreiberfirmen eingegangen, die sodann Schadenersatz forderten.
Es war nicht so, dass es damals keine Warnungen gegeben hätte. Juristen äußerten, dass es gegen europäisches Recht verstoße, eine Maut zu erheben, die nur die belaste, die nicht in Deutschland wohnten. Scheuers politische Karriere erfuhr nach dem Scheitern des Vorhabens ein Ende und er musste sich einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss stellen.
Scheuer und der vielleicht letzte Akt des Maut-Debakels
Nun könnte der vielleicht letzte Akt des Maut-Debakels anstehen. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den CSU-Politiker erhoben. Könnte es also doch noch zu später Gerechtigkeit kommen, für all die Fehler, die in der Maut-Affäre gemacht wurden?
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem CSU-Mann eine Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Bundestags vor. Dabei geht es um ein Gespräch Scheuers mit Betreiberfirmen, in dem diese ihm vorgeschlagen haben sollen, erst die Gerichtsentscheidung abzuwarten, bevor man die Verträge unterzeichne. Scheuer betonte im Untersuchungsausschuss, sich an ein solches Gespräch nicht erinnern zu können. Über die Zulassung der Anklage muss das Gericht noch entscheiden. Scheuer bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Andreas Scheuer Der tiefe Fall des schillernden CSU-Mannes
Käme es zu einem Prozess und einer Verurteilung, fiele Scheuer also eine mutmaßliche Falschaussage auf die Füße, nicht das damalige politische Vorgehen an sich. Und waren da nicht eigentlich noch andere in der CSU, die Verantwortung dafür tragen, dass dem Staat dieser immense Schaden entstanden ist? Es war schließlich der damalige CSU-Chef und bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer, der auf die Pkw-Maut drängte. Und es war der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, heute Innenminister, der sie entwarf. Scheuer folgte Dobrindt im Amt nach – das Debakel blieb am Ende nur mit seinem Namen verbunden.
Bundeswehr in der Ukraine? Heikle Debatten rollen auf uns zu
Ein Frieden in der Ukraine ist noch nicht ansatzweise absehbar. Dennoch nimmt die Debatte darüber, ob deutsche Soldaten am Ende einen solchen Frieden vor Ort mit sichern sollten, an Fahrt auf. Dass Kanzler Friedrich Merz zuletzt einen Einsatz von Friedenstruppen angedeutet hat, sorgt für prompten Widerspruch – gerade im Osten des Landes geht die Ankündigung einigen CDU-Politikern zu schnell.
Sachsen-Anhalts CDU-Landeschef Sven Schulze sagte dem stern: "Bei aller notwendigen Unterstützung der Bundesrepublik für die Ukraine sollten wir in Deutschland keine Debatte über einen direkten Einsatz deutscher Soldaten führen." Allerdings verschwindet die grundlegende Frage nicht dadurch, dass man sich die Debatte darüber verbietet – nämlich die danach, wozu Deutschland und die anderen Europäer eigentlich bereit wären. Und ob das genügend Garantien für die Ukraine sind, sodass sich Kiew in eventuellen Verhandlungen mit Russland auf Zugeständnisse einließe.

Bundeswehr in der Ukraine Streit in der CDU über die Kanzlerpläne nimmt an Fahrt auf
Die USA machten schon einmal klar, dass die Europäer den "Löwenanteil der Last" bei den Sicherheitsgarantien übernehmen müssten, so formulierte es Vizepräsident J.D. Vance. Auf den Bundeskanzler, auf das ganze Land, kommen heikle Debatten zu.
Die Urmilch erobert die Supermarktregale
Ein weiterer Gesundheitstrend macht auf sich aufmerksam: Vielleicht sind Ihnen im Supermarkt auch schon Kartons oder Flaschen mit dem Aufdruck A2-Milch in die Hände gekommen. Die sogenannte "Urmilch" wird sogar nicht nur als Trinkmilch angeboten, sondern auch zu Produkten wie Joghurt, Käse, Butter oder Eiscreme weiterverarbeitet. Das Versprechen: Die Produkte wären besser verträglich.
Dass es heute neben der weit verbreiteten Milch auch die Urmilch gibt, lässt sich vermutlich auf eine genetische Mutation der Kühe zurückführen. Weil die Landwirte für die Produktion der Urmilch aber mehr investieren müssen, sind zumindest bislang die Produkte oft teurer als die aus der sogenannten A1-Milch. Lohnt sich das also? Es ist Vorsicht angezeigt: Für Menschen mit Laktoseintoleranz oder Kuhmilchallergie ist sie ausweislich der Forschung keine Alternative. Für manch andere könnte es sich trotzdem lohnen, den höheren Preis zu zahlen – auch wenn die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu bislang mit Vorsicht zu genießen sind.

Ernährung Der Hype um die Urmilch: Wie gesund sie wirklich ist
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Unsere stern+-Empfehlung des Tages
Oft sind es die kleinen Geschichten, die die große Wirklichkeit am eindrücklichsten transportieren. Unsere Autorin Joana Rettig hat eine solche Geschichte aufgeschrieben: die von Ruslana, einer Prostituierten in einer Kleinstadt im Osten der Ukraine, nahe der Frontlinie.
"Ende 2024, als ich auf Ruslana aufmerksam wurde, stand sie immer da: an einer Bushaltestelle, gleich neben den Bahnschienen", schreibt Rettig in ihrem Text. "Ein trostloser Ort, 15 Kilometer von der Front entfernt. Jedes Mal sah ich sie. Jeder kannte sie, ich fragte herum. Klar, sagten Einwohner, das sei Ruslana. Irgendwann wurde die Tankstelle gegenüber beschossen. Also zog Ruslana um, 500 Meter weiter, vor einen Werkzeugladen an der Hauptstraße. Das Geschäft lief auch dort." Denn mit Russlands Invasion 2022 habe Ruslanas Geschäft begonnen zu boomen.
Jetzt ist Ruslana gestorben. "Bei einer wie ihr hätte man ein spektakuläres Ende erwartet. Eine Bombe vielleicht. Eine Drohne, ein Streit, der eskaliert, ein Exzess, der ihrem Leben gerecht wird. Doch Ruslana starb still. Im Supermarkt kippte sie um, einfach so. Eine Thrombose hatte sich gelöst. Kein Heldinnentod, nur der Zusammenbruch eines Körpers, der zu viel ertragen hatte."

Liebe im Krieg Ruslana war eine Prostituierte an der Front – doch für die Männer war sie mehr
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