Israel und die USA fordern, dass die Hisbollah im Libanon entwaffnet wird. Beirut diskutiert, die Miliz verweigert – und manche wittern die nächste politische Krise.

Im Libanon spitzt sich die Debatte über eine Entwaffnung der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz weiter zu. Das Kabinett kam heute in der Hauptstadt Beirut zu einer Sitzung zusammen, bei der die Frage diskutiert werden sollte. Die Regierung hatte das Militär aufgefordert, "bis zum Jahresende" einen Plan vorzulegen, wie der Waffenbesitz im Libanon künftig auf staatliche Kräfte beschränkt werden könne, sagte Regierungschef Nawaf Salam am Dienstag nach einer knapp sechsstündigen Kabinettssitzung. Aus Regierungskreisen hieß es am Abend, die Diskussion sollte auf nächste Woche verschoben werden.

Neben Israel drängen die USA auf die Entwaffnung der Hisbollah. Washington versuche dies über Druck auf die Regierung in Beirut zu erwirken, biete jedoch keine Gegenleistung, sagte ein libanesischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP. "Die USA verlangt vom Libanon, vollständig vor dem israelischen Feind zu kapitulieren, ohne irgendwelche Garantien" dafür, dass Israel die Waffenruhe einhalte, hieß es am Dienstag im Hisbollah-Sender Al-Manar.

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Die schiitische Organisation zählte vor dem jüngsten Krieg mit Israel zu den am stärksten bewaffneten nicht-staatlichen Akteuren weltweit. Inzwischen ist sie deutlich geschwächt und auch ihr Waffenarsenal geschrumpft. Präsident Joseph Aoun, Ministerpräsident Nauaf Salam wie auch die USA und Israel fordern, dass die Hisbollah all ihre Waffen an die staatliche Armee abgibt. Die Hisbollah lehnt das ab, solange Israels Truppen im Libanon stationiert sind und Israel Ziele im Land angreift.

Hisbollah lehnen Entwaffnung ab

Israel und die Hisbollah lieferten sich seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 einen gegenseitigen Beschuss, der sich zu einem eigenen, parallel laufenden Krieg entwickelte. Israel marschierte mit Bodentruppen in das Nachbarland ein und bombardierte massiv Ziele vor allem im Raum Beirut, im Süden und Osten. Die Hisbollah griff ihrerseits Ziele in Israel an.

Ende November trat eine Waffenruhe in Kraft. Nach dieser Vereinbarung soll die Hisbollah zunächst im Süden und nahe der Grenze zu Israel entwaffnet werden. Die Hisbollah zeigt sich zwar offen für Gespräche über ihr Waffenarsenal, will aber keinem konkreten Zeitplan zustimmen, solange Israels Angriffe im Libanon andauern und dessen Truppen nicht abgezogen sind. Dies bekräftigte heute Hisbollah-Generalsekretär Naim Kassim in einer im Fernsehen übertragenen Rede.

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Israels Militär greift fast täglich im Libanon mit der Begründung an, die Entwaffnung durchsetzen zu wollen. Israels Soldaten sind außerdem an fünf Posten im Südlibanon stationiert.

Solange die "israelische Aggression" andauere, könne die Hisbollah keinem Vorschlag für einen Zeitplan der Entwaffnung zustimmen, sagte Hisbollah-Chef Naim Kassem am Dienstag in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Statt die Hisbollah und damit den "Widerstand" gegen Israel zu schwächen, solle die Regierung Pläne schmieden, um sich dem "Druck und den Drohungen" entgegenzustellen.

Entwaffnung der Hisbollah könnte politische Krise im Libanon auslösen

Die Forderung, die Organisation im ganzen Land zu entwaffnen, ist politisch höchst riskant. Die Hisbollah hat Hunderttausende Anhänger und immer noch großen Einfluss vor allem in der schiitischen Gemeinde. Bei einer Entscheidung über die Entwaffnung könnten Hisbollah-Mitglieder – die neben einer Miliz auch politische Partei ist – aus Protest die Regierung verlassen. Deshalb gibt es Befürchtungen, dass der Libanon in so einem Szenario in die nächste politische Krise schlittern könnte.

Aus dieser Auseinandersetzung werde ganz Libanon entweder als Sieger oder als Verlierer hervorgehen, sagte Kassim. "Wir werden alle zusammen gewinnen oder zusammen verlieren."

Einige Anhänger der Hisbollah waren am Vorabend mit Flaggen der Organisation im Raum Beirut unterwegs. Truppen der staatlichen libanesischen Armee waren im Einsatz, um das Tragen dieser Flaggen zu verhindern.

DPA · AFP cl
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