"Verständlicher und gerechter": Klöckner für erneute Reform des Wahlrechts
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner fordert eine erneute Reform des von der Ampel-Koalition geänderten Wahlrechts. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Klöckner, sie habe die Fraktionen gebeten, sich des Themas anzunehmen. Der Arbeitsauftrag sei zudem im Koalitionsvertrag aufgenommen.
Einen eigenen Vorschlag will sie nicht machen. "Es liegen genügend Vorschläge auf dem Tisch", so Klöckner. Vielleicht gebe es ja die Bereitschaft, sich auf ein Modell zu einigen, das zuvor abgelehnt worden sei.
Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition verkleinerte den Bundestag deutlich
Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte mit einer Änderung des Bundestagswahlrechts eine Verkleinerung des Parlaments von zuletzt 735 auf 630 Sitze erreicht. Dies gelang durch das Streichen von Überhang- und Ausgleichsmandaten.
Eine Folge war aber, dass nach der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar dieses Jahres 23 Wahlkreissieger ihr errungenes Direktmandat nicht erhielten, weil ihrer Partei die nötige Zweitstimmendeckung fehlte. Drei Wahlkreise in Baden-Württemberg und einer in Hessen sind deshalb sogar überhaupt nicht mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten.
Wieso konnte nicht jeder Kandidat mit Direktmandat in den Bundestag einziehen?
Parteien dürfen laut neuem Wahlrecht nur so viele Abgeordnete ins Parlament schicken, wie es ihrem Zweitstimmenergebnis entspricht. Für Parteien, die viele Direktmandate gewinnen, kann das bedeuten, dass nicht jeder Wahlkreissieger in den Bundestag kommt.
In Mitteldeutschland konnte deswegen in Sachsen und Sachsen-Anhalt jeweils ein Kandidat der AfD nicht in den Bundestag einziehen. Betroffen waren Alexander Raue, der in Halle angetreten war, sowie und Christian Kriegel in Leipzig.
Klöckner: Durch Wahlreform ist die Erststimme entwertet worden
Dadurch gibt es laut Klöckner ein Legitimierungsproblem gegenüber der Bevölkerung, sowie ein Repräsentationsproblem, weil nicht alle Wahlkreise im Bundestag vertreten sind. Dass der Bundestag aber insgesamt weniger Abgeordnete habe, sei gut und richtig. Eine deutliche Verkleinerung des Bundestags müsse aber auch mit einem verständlichen und gerechten Wahlrecht verbunden werden.
Klöckner kritisierte zudem, dass durch die Wahlrechtsreform die Erststimme entwertet worden sei. "Da investiert jemand persönliche Zeit, persönliche Reputation, persönliches Geld, gewinnt sogar und kommt dann nicht in den Bundestag", so die CDU-Politikerin. Entweder müsse man der Erststimme wieder zu mehr Geltung verhelfen oder das Wahlrecht anpassen und Erst- und Zweitstimme abschaffen.
Umfrage: Bevölkerung will an neuem Wahlrecht festhalten
In einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sprach sich dagegen fast die Hälfte der Teilnehmer (47 Prozent) dafür aus, das aktuelle Wahlrecht beizubehalten. Nur 34 Prozent befürworteten eine erneute Reform. 18 Prozent hatten dazu keine Meinung.
Unter denjenigen, die bei der Bundestagswahl CDU oder CSU gewählt hatten, stimmten sogar 50 Prozent für ein Festhalten am bestehenden Wahlrecht.
Erneute Änderung des Wahlrechts steht im Koalitionsvertrag
Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das Wahlrecht wieder zu ändern und dazu eine Kommission einzusetzen, die noch in diesem Jahr Vorschläge vorlegen soll. Ziel ist es demnach, dass jeder Wahlkreisgewinner wieder in den Bundestag kommt. Das Parlament soll aber "grundsätzlich bei der aktuellen Größe verbleiben".
Im Zuge der neuen Reform soll laut Koalitionsvertrag auch geprüft werden, wie die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen im Parlament gewährleistet werden kann, und ob das Wahlalter auch für Bundestagswahlen auf 16 Jahre gesenkt werden sollte. Dies hat die Union bislang abgelehnt. Hier könnte sie bei der Suche nach einem Kompromiss der SPD entgegenkommen.
dpa (akq)
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