Macrons Palästina-Vorstoß klingt gut – schwächt aber leider Europa
Das Leid ist unerträglich. Seit bald zwei Jahren sterben im Gaza-Streifen Palästinenser. Familien werden zerrissen, Kinder werden getötet, Menschen ohne Gliedmaßen verzweifeln auf der Suche nach Restspuren ärztlicher Versorgung. Statt die Hamas zu vernichten, hat Netanjahus Hungerkrieg in Gaza die Hölle auf Erden geschaffen.
Es ist gut, wenn sich im Westen politisch jetzt etwas bewegt. Es braucht mehr Druck auf Israel, die Militäroperation einzustellen. Sie war anfangs richtig, auch nötig, um auf den barbarischen Angriff der Hamas zu reagieren. Mittlerweile ist sie entgrenzt, ziellos, kontraproduktiv, was die Hoffnung angeht, die letzten Geiseln lebend nach Hause zu bringen. Der Krieg muss enden, besser heute als morgen. Das stimmt.
Emmanuel Macron, der französische Präsident, der sich schon immer in der Rolle des europäischen Antreibers gefällt, will nun ein Zeichen setzen, international vorangehen. Er hat angekündigt, dass Frankreich – Vetomacht im UN-Sicherheitsrat – Palästina als Staat anerkennen wird. Die Ansage soll den Westen aus der Lethargie holen, andere Staaten mitreißen und Netanjahu signalisieren: Dein Verhalten hat Konsequenzen. Wir rücken ab.
Warum der Macron-Vorstoß ins Leere läuft
Man kann das so machen, nur sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass dieser Schritt die Verhältnisse vor Ort ändert, geschweige denn den Krieg beendet. Ein Palästinenserstaat wirkt gerade so unrealistisch wie selten. Das liegt daran, dass es keine wirkliche palästinensische Führung gibt, es also völlig unklar ist, wie ein Staat politisch überhaupt aussehen soll. Das liegt aber auch an Israel. Der Siedlungsbau geht immer weiter, gerade erst hat die Knesset per Resolution dafür plädiert, das Westjordanland zu annektieren. Um Israel davon abzubringen, Fakten zu schaffen, die eine Zwei-Staaten-Lösung von vornherein verhindern, braucht es einen entschlossenen Westen – und ein geschlossenes, starkes Europa. Macrons Vorstoß schwächt Europa eher.

Nahost-Politik Frankreich will Palästina als Staat anerkennen und erntet Lob und Kritik
Seit Langem schon ist die EU zerstritten, was den Nahen Osten angeht. Ein Teil Europas will Sanktionen, ein anderer nicht. Manche Staaten wollen ein Waffenembargo, andere nicht. Wie gespalten der Kontinent ist, wurde gerade erst sichtbar, als es darum ging, eine Erklärung zu unterzeichnen, die von Israel einen Stopp der Gaza-Operation verlangt. Nicht einmal das klappte, auch weil Deutschland ausscherte.
Statt Druck auf Israel zu machen, zwingt Macron mit seinem Alleingang, Palästina anzuerkennen, andere europäische Staaten nun dazu, sich zu positionieren. Er sorgt für zusätzlichen Streit, noch dazu in einer Frage, die eher symbolischen Wert hat als reale Konsequenzen.
Ausgerechnet Berlin und Paris sind gespalten
Friedrich Merz, mit dem Macron eigentlich eine neue Achse bilden wollte, wird sich dem Franzosen nicht anschließen können. Es wäre ein Affront gegenüber jenem Staat, dem man sich historisch besonders verpflichtet fühlt. Aber wenn selbst Berlin und Paris in Sachen Gaza nicht an einem Strang ziehen – warum sollte sich Benjamin Netanjahu von irgendeiner Ansage aus Brüssel beeindrucken lassen?

Humanitäre Katastrophe Es ändert nichts, wenn eine deutsche Mutter um ein Kind in Gaza weint
Erst am Mittwoch haben sich Macron und Merz in Berlin getroffen. Dass es ihnen dabei nicht gelungen ist, eine gemeinsame Linie zu verabreden, ist ein miserables Zeichen – für das auch Merz verantwortlich ist. Der Kanzler tritt in Sachen Gaza schwach auf, fast wie gelähmt. Merz löst sein eigenes Versprechen nicht ein, Europa zu führen und mit dafür zu sorgen, dass die EU mit einer Stimme spricht. Wenn Europa überhaupt noch eine Rolle spielen will bei dem Plan, Netanjahu zur Kehrtwende zu bewegen, braucht es Geschlossenheit. Aufgabe des Kanzlers und des französischen Präsidenten wäre es jetzt, diese Geschlossenheit hinter den Kulissen zu erarbeiten. Und nicht auf Effekte zu setzen, die eher schaden als nutzen.
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