Warum Merz seine Israel-Politik ändern muss
Darf Deutschland Israel kritisieren?
Über diese Frage habe ich vor ein paar Jahren mit einem Freund gestritten. Nein, sagte er. Wegen der unvergleichlichen deutschen Verbrechen an den Juden habe Deutschland jedes Recht verwirkt, sich zur Politik der israelischen Regierung zu Wort zu melden.
Ich war anderer Ansicht. Ein echter Freund zeichne sich eben nicht nur durch bedingungslose Unterstützung aus. Sondern auch dadurch, dass er dem anderen offen sage, wenn dieser falsch unterwegs sei, so meine Argumentation.

Lage in Gaza SPD drängt Regierung zu mehr Kritik an Israel
Dass Israels Regierung im Gazakrieg aktuell falsch unterwegs ist, daran kann es kaum noch Zweifel geben. Längst scheint es Premier Benjamin Netanjahu nicht mehr um die Verteidigung seines Landes zu gehen. Sondern darum, den Gazastreifen plattzumachen. So richtig und verständlich die Militäraktion nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober war, so sehr scheint sie jetzt außer Kontrolle geraten zu sein.

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Schüsse auf Zivilisten in Nahrungsschlangen
Hilfsorganisationen berichten übereinstimmend von gezielten Angriffen israelischer Soldaten auf die Zivilbevölkerung, etwa auf Menschen, die in Schlangen um Nahrung anstehen, um in einem Gebiet, in dem die Versorgung größtenteils zusammengebrochen ist, nicht zu verhungern.
Zuletzt hat die israelische Armee weite Teile von Gaza-Stadt zur Kampfzone erklärt. Dass die Menschen kaum noch an andere Orte fliehen können und damit quasi zum Abschuss freigegeben werden, scheint die israelische Führung nicht zu interessieren. Und das Schicksal der mehr als 50 israelischen Geiseln, die seit mehr als anderthalb Jahren in den Fängen der Hamas und ihrer grausamen Helfershelfer sind, offenbar auch nicht. Von diesen wird keiner durch das Vorgehen der Armee gerettet werden.
Friedrich Merz bleibt zurückhaltend
Trotzdem bleibt Friedrich Merz bei seiner Zurückhaltung gegenüber Israel. Zwar hat er die Regierung aufgefordert, "diese massiven Bombardements des Gazastreifens sofort zu beenden und humanitäre Hilfe zu ermöglichen". Aber der Aufforderung von 28 europäischen Staaten an Israel, den Gazakrieg sofort zu beenden, will er sich nicht anschließen. Was aber sind seine Worte wert, wenn nicht mal symbolisch eine Handlung folgt?
Der Kanzler ist eigentlich in bester Position, die eigene Linie zu verschärfen. Weil die deutsche Regierung und auch Merz selbst nie Zweifel daran gelassen haben, auf wessen Seite sie stehen. Dass das Existenzrechts Israels und der Kampf gegen den Antisemitismus nicht nur eine historische Verantwortung für Deutschland sind. Diese Klarheit ist nicht bei allen europäischen Nachbarregierungen anzutreffen.
Gut möglich, dass selbst deutlichere Worte oder Unterschriften unter europäische Initiativen Israels Premier Benjamin Netanjahu nicht beeindrucken werden. Aber es wäre ein Signal an die israelische Bevölkerung, dass auch jenes Land, welches in Europa noch zu Israel hält, den Kurs in Gaza für gefährlich falsch hält.
Und es wäre ein Signal an die deutsche Bevölkerung, dass man das sieht, was die meisten hier schon längst empfinden: dem Sterben unschuldiger Menschen in Gaza nicht länger wort- und tatenlos zusehen zu können.

Gastbeitrag Gaza-Kurs der Regierung: Unser Schmerz ist Euch egal
Es muss dabei immer ein Zweiklang bleiben. Wer von Israel etwas einfordert, muss sich immer auch an die wenden, die den Krieg ausgelöst haben. Würde die Hamas morgen alle Geiseln freilassen (was sie niemals tun wird), hätte Israels Regierung keine Legitimation mehr für ein weiteres militärisches Vorgehen.
Eine Generation voller Hass wächst heran
Die deutsche Regierung muss alles in ihrer Macht Stehende dafür tun, dass dieser Krieg endet, gerade um Israels willen. Denn er hinterlässt Gaza nicht nur zerstört – er schafft auch eine nächste Generation, die voller Hass auf Israel blicken wird.
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