• Vizekanzler Lars Klingbeil befürwortet weiterhin Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht.
  • Berlins Bürgermeister Kai Wegner: Besetzung der Richterstellen war keine "Meisterleistung".
  • Brosius-Gersdorfs Kandidatur hatten vor allem die Union und die katholische Kirche kritisiert.

Vizekanzler Lars Klingbeil hält an Frauke Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht fest. Der SPD-Politiker sagte der "Bild"-Zeitung, die Bedenken gegen Brosius-Gersdorf seien ausgeräumt. Daher könne man die Wahl wieder auf die Tagesordnung des Bundestags setzen. Es sei eine prinzipielle Frage, ob man dem Druck rechter Netzwerke nachgebe, die eine hoch qualifizierte Frau diffamiert hätten.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner mahnte, das Bundesverfassungsgericht dürfe nicht in parteipolitische Auseinandersetzungen hineingezogen werden. Zugleich kritisierte der CDU-Politiker seine eigene Partei. Verabredungen müssten auch gelten. Das habe bei der Richterwahl leider nicht funktioniert.

Wegner: Besetzung der Richterstellen keine "Meisterleistung"

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat auch seine eigene Partei im Zusammenhang mit der geplatzten Wahl von drei Richtern am Bundesverfassungsgericht kritisiert. "Wie die Besetzung der Richterstellen bislang gelaufen ist, war zweifellos keine Meisterleistung", sagte er der "Welt". "Solche wichtigen Personalien müssen im Vorfeld vertraulich besprochen werden. Die Verabredungen müssen anschließend gelten." Wegner sagte: "Wenn Entscheidungen in einer Koalition getroffen wurden, müssen sie verlässlich umgesetzt werden". Er sei aber sicher, dass die Vorsitzenden der Fraktionen von Union und SPD eine einvernehmliche Lösung finden würden. 

Der frühere CSU-Chef und langjährige Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer hätte der SPD-Verfassungsgerichtskandidatin Frauke Brosius-Gersdorf seine Stimme im Parlament gegeben. Der "Augsburger Allgemeinen" sagte der ehemalige bayerische Ministerpräsident: "Wenn die gesamte Führung von CDU und CSU einem Abgeordneten die Wahl empfiehlt, so wie geschehen, hätte ich sie gewählt." 

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hatte zuvor Brosius-Gersdorf fürs Bundesverfassungsgericht nahegelegt, auf ihre Kandidatur zu verzichten.

Neuer Termin für Wahl unklar

Die Grünen hatten eine Sondersitzung des Bundestages zur Wahl von drei Verfassungsrichtern in der parlamentarischen Sommerpause vorgeschlagen. Das lehnte die Linken-Fraktion ab. Parteichefin Ines Schwerdtner sagte am Mittwoch, zunächst müsse die Situation um Brosius-Gersdorf geklärt sein und verwies zudem auf die hohe Kosten für eine Sondersitzung.

Sollte der Bundestag sich nicht über die Richter-Nachbesetzungen einigen können, geht die Entscheidung an den Bundesrat über. Davon hält Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour nichts. "So aufgeladen wie die politische Stimmung derzeit ist, wird es im Bundesrat nicht zwingend besser. Darüber hinaus wäre dies ein fatales Signal hinsichtlich der Handlungsfähigkeit des Bundestages", sagte der Grünen-Politiker dem "Handelsblatt".

Kampagne gegen Juristin

Die Wahl von drei neuen Richtern für das höchste Gericht in Deutschland war am 11. Juli vom Bundestag wegen koalitionsinterner Querelen über die Staatsrechtlerin kurzfristig vertagt worden. Der von der SPD als Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagenen Juristin Brosius-Gersdorf war fälschlicherweise unter anderem vorgeworfen worden, sie befürworte die Möglichkeit von Abtreibungen bis zur Geburt.

Scharfe Kritik an Brosius-Gersdorf und ihrer Haltung zum Abtreibungsrecht hatten unter anderem Vertreter der katholischen Kirche geäußert. Andere namhafte Katholikinnen und Katholiken hatten allerdings die von persönlichen Angriffen geprägte Debatte kritisiert und vor einem Schaden für die Demokratie gewarnt. 300 Juristen hatten sich daraufhin in einem offenen Brief hinter Brosius-Gersdorf gestellt und ihre Kompetenz unterstrichen.

Brosius-Gersdorf selbst hatte sich anschließend in einer persönlichen Erklärung und im Fernsehen gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, sie sei linksextrem oder plädiere für ein vollständiges Recht auf Abtreibung.

dpa/epd (kar)

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