Nach Sudhof-Befragung: Opposition sieht Vorwürfe gegen Spahn erhärtet
- Zur Maskenaffäre um den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn hat der Haushaltsausschuss Sonderermittlerin Margarethe Sudhof befragt.
- Grüne und Linke sehen nach dem Gespräch die Vorwürfe gegen Spahn für erhärtet.
- Die Union weist die Vorwürfe zurück: Haase sprach von unbegründeten "Verschwörungstheorien".
- Dem Bundesrechnungshof zufolge hatte das Gesundheitsministerium in der Corona-Pandemie zu viele Masken zu einem zu hohen Preis beschafft.
Die Sonderermittlerin Margarethe Sudhof (SPD) hat am Dienstag im Haushaltsausschuss des Bundestages zur Corona-Maskenaffäre ausgesagt. In dem "Fachgespräch" ging es um die Frage, ob der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Corona-Krise beim Einkauf dringend benötigter Schutzmasken richtig gehandelt hat oder ob Milliarden Euro zu viel gezahlt wurden.
"Aussage gegen Aussage"
Die oppositionellen Grünen und Linken sehen nach einer Befragung weiteren Aufklärungsbedarf. "Es gibt mehr offene als beantwortete Fragen", sagte die Grünen-Fachpolitikerin Paula Piechotta. Zudem stehe nach Äußerungen des früheren Gesundheitsministers "Aussage gegen Aussage – und einer lügt."
Konkrete Angaben konnte Piechotta nach der Befragung jedoch nicht machen. Die Sitzung sei "als vertraulich eingestuft" worden – "das heißt, wir können nicht offen darüber reden". Die Grünen-Haushälterin fügte hinzu: "Das sagt auch schon wieder viel darüber, wie offen und transparent die Union bei diesem Thema mit der Öffentlichkeit kommunizieren möchte."
Die Linke-Vorsitzende Ines Schwerdtner sagte, die schweren Vorwürfe gegen Spahn, aber auch gegen das Ministerium seien "eher noch erhärtet, denn erleichtert" worden. Die knapp zweistündige Befragung Sudhofs habe "nicht ausgereicht", sagte sie im Anschluss. Der Haushaltsausschuss will sich Ende Juli erneut mit den Maskenkäufen befassen.
Seit Bekanntwerden des ungeschwärzten Berichts von Sudhof hat die Opposition im Bundestag den Druck auf Spahn noch einmal erhöht. Aus Sicht von Grünen und Linken zeigt der Bericht, dass Spahn persönlich eng in Maskendeals eingebunden war. Grüne und Linke fordern einen Untersuchungsausschuss, können selbst aber keinen einsetzen, da sie keine Mehrheit im Parlament erreichen.

CDU-Führung steht hinter Spahn
Der Unions-Haushaltspolitiker Christian Haase sagte, "Verschwörungstheorien von Linken und Grünen" hätten nach dem Gespräch mit Sudhof keine neue Nahrung bekommen. Es sei um ihren Auftrag gegangen, die Prozesstaktik des Ministeriums in schwelenden Verfahren mit Masken-Lieferanten zu verbessern. Es gehe nicht um "irgendwelche Vorwürfe gegen ehemalige Minister".
Auch die CDU-Führung stellt sich hinter Spahn. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte am Montag nach Sitzungen von Vorstand und Präsidium, Spahn habe "die volle Unterstützung" der Parteigremien. "Der Bundesrechnungshof hat alles aufgearbeitet, ich sehe in dem Bericht nichts Neues", erklärte Linnemann. Das einzig Neue seien "subjektive, persönliche Äußerungen zu Herrn Spahn von Frau Sudhof".
Grünen-Politiker Dahmen: "Spahn hat gelogen"
Der ungeschwärzte Bericht von Sudhof zur Maskenaffäre widerlegt nach Ansicht von Grünen-Politiker Janosch Dahmen Aussagen des Unionsfraktionschefs Spahn. Dahmen erklärte, "die Enthüllung zeigt schwarz auf weiß: Jens Spahn hat gelogen. Nicht einmal, nicht in guter Absicht, nicht nur in Details – sondern wiederholt, systematisch und mit dem Ziel, sich selbst und Netzwerke in seinem Umfeld zu schützen."
Der Bericht von Sudhof war zunächst mit etlichen geschwärzten Passagen an den Haushaltsausschuss des Bundestags übermittelt worden. Dabei geht es etwa um die Frage, ob Spahn im Ministerium vor einem Masken-Geschäft mit den Firmen Fiege oder Emix gewarnt worden war oder nicht. Ein Sprecher von Spahn wies den Vorwurf der Lüge in der "Bild"-Zeitung als "grob irreführend" zurück.
Dahmen erhebt aber auch schwere Vorwürfe gegen die Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Der ungeschwärzte Bericht zeige, dass die Schwärzungen eben nicht nur Stellen zur Wahrung des Persönlichkeitsschutzes betroffen hätten, sondern dass es das Ziel gegeben habe, "die Verantwortung von Jens Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern". Warken hat dies mehrfach zurückgewiesen.
Milliarden an überschüssigen Masken und rund 100 Klagen
Dem Bundesrechnungshof zufolge gab das Ministerium bis 2024 rund 5,9 Milliarden Euro für 5,8 Milliarden Masken aus. Die Behörde bekräftigte ihre Kritik an einer "massiven Überbeschaffung". Letztlich seien nur 1,7 Milliarden Masken im Inland verteilt worden. Mehr als die Hälfte der beschafften Menge sei vernichtet worden oder müsse es noch werden. Außerdem rechne das Ministerium für 2025 mit Abwicklungsrisiken aus Verträgen zu direkten Beschaffungen von bis zu 120 Millionen Euro sowie von 360 Millionen Euro aus Rechtsstreitigkeiten.
Dabei geht es darum wie Spahns Gesundheitsministerium 2020 die Masken beschafft hatte. Das Gesundheitsministerium erteilte Aufträge ohne weitere Verhandlungen zu hohen Festpreisen. Weil die Masken dann teilweise nicht abgenommen worden sind, klagten Lieferanten. Aktuell seien noch rund 100 Klagen mit einem Gesamtstreitwert von 2,3 Milliarden Euro anhängig, erläutert der Rechnungshof.
dpa/AFP/Reuters (kar, jst)
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