„Wenn jemand Asyl sagt …“ – Merkel kritisiert Zurückweisungen an der Grenze
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich von der aktuellen Zurückweisungspraxis der Regierung Merz distanziert. Bei ihrem ersten öffentlichen Gespräch mit fünf Migranten für das Informationsangebot „WDRforyou“ erklärte sie: „Wenn jemand an der deutschen Grenze ‚Asyl‘ sagt, dann muss er erst mal ein Verfahren bekommen. Meinetwegen direkt an der Grenze, aber ein Verfahren.“
Damit geht Merkel bei dieser Frage auf deutlichen Konfrontationskurs zu der von ihrer Partei geführten Bundesregierung. Merkel teilte aber das Ziel, dass illegale Migration begrenzt werden müsse, betonte jedoch: „Wir müssen das Ganze europäisch denken“.
Beim Thema Abschiebung teilt die Altkanzlerin den Kurs der Regierung. Wenn jemand eine Ablehnung bekomme, müsse der Staat in der Lage sein, eine Lösung zu finden und „einen Menschen, wenn es geht, wieder in sein Heimatland zurückzuführen“. Das gelte auch für Menschen aus Afghanistan. Mit Blick auf die afghanischen ehemaligen Ortskräfte, die bis heute auf eine Einreise nach Deutschland warten, nahm Merkel die Bundesregierung in die Pflicht: „Das Außenministerium weiß auch, dass da Zusagen gemacht wurden. (…) Das muss die neue Bundesregierung jetzt lösen.“
Kanzleramtschef Frei antwortet Ex-Kanzlerin
Kanzleramtschef Thorsten Frei von der CDU bekräftigte im „Morgenmagazin“ die Auffassung der Regierung. „Zunächst einmal steht im Artikel 16a des Grundgesetzes, auch im Paragraf 18 des Asylgesetzes etwas anderes. Und auch der Sache nach muss man sagen: Wenn jemand irgendwo in Europa bereits Asyl bekommen hat, wenn jemand durch sichere Länder in Europa zu uns gekommen ist, dann haben wir es natürlich mit niemandem zu tun, der auf der Flucht ist, sondern dann haben wir es mit Menschen zu tun, die aus sicheren Ländern kommen.“
Frei verteidigte zugleich Merkels viel und auch in der Union kritisierten Satz aus der Migrationskrise von 2015 „Wir schaffen das“, ordnete ihn aber in die damalige Zeit ein. „Wenn eine Regierungschefin sagt ‚Wir schaffen etwas‘, dann ist das eine richtige Einstellung. Denn das darf man von einer Regierung verlangen, dass sie den Kopf nicht in den Sand steckt, sondern mit den Herausforderungen umgeht“, erklärte er im „Morgenmagazin“. „Aber tatsächlich haben sich die Zeiten natürlich verändert. Wir haben schon 2019, also noch in der Regierungszeit von Angela Merkel, ein großes Migrationspaket geschnürt, wo auch ein Rückführungsverbesserungsgesetz drin war. Also es ist jedenfalls vollkommen klar, dass wir mehr zu Ordnung, mehr zu Steuerung und vor allem zur Begrenzung von Migration tun müssen.“
Merkel zeigte sich in der Sendung besorgt über den politischen Diskurs in Deutschland. Man könne nicht immer nur über die AfD sprechen und deren Tagesordnung aufnehmen. Wenn man über die Sorgen der Menschen spreche, „die jetzt sagen, es sind zu viele gekommen, dann muss ich auch über die Sorgen der anderen in Deutschland sprechen, die zum Beispiel den Flüchtlingen geholfen haben, die eine andere Einstellung zu Menschen in Not haben.“
Merkel sieht offenbar auch eine gewisse Schieflage, wie über Migration hier diskutiert wird. „Wir sprechen oft über Menschen, die zu uns kamen, aber vielleicht nicht oft genug mit Menschen, die zu uns kamen.“ Deshalb habe sie sich auf dieses erste öffentliche Gespräch mit Geflüchteten bei „WDRforyou“ eingelassen. In einem syrischen Restaurant in Berlin hatte Merkel mit fünf Menschen aus Syrien, Afghanistan und Iran sowohl über deren Leben in Deutschland, Anfeindungen als auch Erfolge gesprochen.
Das gesamte Gespräch ist ab dem 30. Juni in der ARD Mediathek unter dem Titel „10 Jahre danach – Angela Merkel im Gespräch mit Geflüchteten“ zu sehen.
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