Das iranische Regime ist durch die Angriffe Israels und der USA bedeutend geschwächt worden. Das ist eine gute Nachricht für die iranische Bevölkerung, für Israel, den Nahen Osten und die Welt. Wer jedoch – wie etwa sehr viele Menschen im Iran und in Israel – darauf hoffte, dass die Herrschaft der Mullahs im Iran endlich endet, wurde enttäuscht. Das Regime wird nicht gestürzt. Es wird die Iraner weiterhin massiv unterdrücken können, es wird weiterhin eine Bedrohung für Israel darstellen.

Dass das iranische Nuklearwaffenprogramm zurückgeworfen wird, ist natürlich eine große Erleichterung. Die Machthaber in Teheran träumen von einer Auslöschung Israels und drohen dem kleinen Land immer wieder explizit mit der Vernichtung. Der jüdische Staat nimmt diese potenziell existenzielle Bedrohung zu Recht sehr ernst. Es war abzusehen, dass Israel irgendwann militärisch vorgehen wird, wenn andere Optionen nicht greifen, um die Islamische Republik vom Bau der Atombombe abzuhalten. Und es war gut, dass die USA Israel dabei unterstützt haben. Der Politikwissenschaftler Stephan Grigat bezeichnet die Schläge gegen das Atomprogramm und die Machthaber in Teheran scharf, aber treffend als „praktizierte und dringend notwendig gewordene Antisemitismuskritik“.

Ein Bericht des US-Senders CNN lässt allerdings daran zweifeln, ob man den Behauptungen des US-Präsidenten Donald Trump sowie des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, das Atomwaffenprogramm vollständig zerstört zu haben, tatsächlich Glauben schenken kann. Demnach haben die US-Militärschläge das Programm „wahrscheinlich nur um Monate zurückgeworfen“. Die Analyse des Geheimdiensts sei noch nicht abgeschlossen.

Zu begrüßen sind auch die israelischen Angriffe auf hochrangige Kommandeure der paramilitärischen Basidsch-Miliz und das Evin-Gefängnis. Die Miliz geht mit äußerster Brutalität gegen Oppositionelle vor und ist etwa für Säureangriffe auf Frauen und gezielte Augenverletzungen von Demonstrationen berüchtigt. Im Evin-Gefängnis werden zahlreiche Dissidenten gefangen gehalten und gefoltert. In der iranischen Bevölkerung haben diese Angriffe große Hoffnungen ausgelöst, bald endlich wieder in Freiheit sein zu können. Man träumte sich schon tanzend auf der Straße. Diese Hoffnungen wurden durch den von Trump ausgehandelten Waffenstillstand allerdings zerstört. Die iranische Spitze ist weiterhin an der Macht.

Den Regime Change, mit dem Trump kurzzeitig geliebäugelt hat, hat er schnell wieder verworfen. Das beweist erneut, dass man sich auf den erratischen und unberechenbaren US-Präsidenten nicht verlassen kann. Auch Israel kann das nicht.

Nachdem der Iran am Dienstag den ausgehandelten Waffenstillstand verletzt und Israel darauf reagiert hatte, sprach der Präsident von zwei Ländern, die „schon so lange und so heftig miteinander kämpfen, dass sie nicht mehr wissen, was zum Teufel sie tun“. Er bedrängte den jüdischen Staat, sich nicht gegen den Bruch des Waffenstillstands zu wehren. Damit er sich als Friedensbringer aufspielen kann, lässt er die Iraner und Israelis im Stich. Ihm soll schließlich niemand die Show stehlen. Trumps Waffenstillstand ist ein Rettungsanker für das Regime.

Die Frage danach, ob er weiter daran glaube, dass der Iran dem Frieden verpflichtet sei, bejahte Trump am Dienstag. Eine völlig absurde Ansicht über eine Diktatur von Ajatollahs und Revolutionswächtern, die einer islamistischen Märtyrer-Ideologie anhängen. Diese Ideologie ist es, die das iranische Regime so gefährlich macht – und der gegenüber sich Trump leider naiv zeigt.

Ändert jetzt wenigstens Deutschland seinen Kurs?

Mit Leuten, die den Tod feiern, kann es keinen Frieden geben. Das Regime ist nicht nur durch eliminatorischen Antisemitismus gekennzeichnet, sondern auch durch Hass auf Homosexuelle, emanzipierte Frauen und den Westen. Schwule und bisexuelle Männer werden hingerichtet, Frauen unter das Kopftuch gezwungen. Der Iran exportiert den Terror in die gesamte Region. Frieden im Nahen Osten gibt es nur ohne das iranische Regime.

Kurz nach dem Waffenstillstand haben die Machthaber im Iran bereits mit Razzien und Verhaftungen von Oppositionellen begonnen, denen sie Spionage für Israel vorwerfen. Es droht eine Welle von Todesurteilen und Hinrichtungen. Die Mullahs bereiten erneute Massenverbrechen an der iranischen Bevölkerung vor. Bekanntlich schlägt das Regime jede demokratische und säkulare Protestbewegung brutal nieder.

Wer einwendet, ein Sturz des Regimes müsse den Iranern selbst gelingen und sie könnten ja einfach andere Machthaber wählen, verkennt auf naivste Weise den repressiven Charakter des Regimes und die dortigen Pseudo-Wahlen, die aus guten Gründen von Millionen Iranern boykottiert werden.

In Deutschland wurde dieses Regime lange verharmlost, um die engen ökonomischen und politischen Beziehungen zu rechtfertigen. Deutschland ist innerhalb der Europäischen Union der wichtigste Handelspartner des Iran. Und Deutschland hat sich jahrzehntelang geweigert, ausreichend nicht-militärische Maßnahmen gegen die Islamische Republik zu ergreifen. Es ist darauf zu hoffen, dass es nun wenigstens endlich eine Wende in der deutschen Iran-Politik geben wird. Dazu gehört auch ökonomischer Druck. Deutschland hätte hier starke Hebel in der Hand.

Das iranische Regime ist keine Regierung wie jede andere. Es braucht einen Visa-Stopp für die staatlichen Vertreter des Terrorregimes und stattdessen Schutz für geflüchtete Dissidenten und Frauenrechtlerinnen in Europa.

Der rote Teppich war lange genug ausgerollt. Mit Appeasement und Kollaboration muss endlich Schluss sein.

Politikredakteur Frederik Schindler berichtet für WELT über die AfD, Islamismus, Antisemitismus und Justiz-Themen. Im September erscheint im Herder-Verlag sein Buch über den AfD-Politiker Björn Höcke. Zweiwöchentlich erscheint seine Kolumne „Gegenrede“.

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