Merz drängt den Iran zu Verhandlungen
Keine „Sorge vor einem Flächenbrand“. Kein reflexhafter Appell an „alle Kriegsparteien“. In seiner ersten Reaktion nach den militärischen Angriffen der USA auf die iranischen Atomanlagen stellte sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eng an die Seite der Vereinigten Staaten. Er berief am Sonntagmorgen das Sicherheitskabinett der Bundesregierung ein und forderte den Iran zum Einlenken auf. Sein Sprecher Stefan Kornelius teilte mit: „Die Bundesregierung geht davon aus, dass große Teile des iranischen Nuklearprogramms durch die Luftschläge beeinträchtigt wurden.“ Eine genaue Schadensanalyse werde später möglich sein.
„Bundeskanzler Friedrich Merz bekräftigte die Aufforderung an Iran, sofort Verhandlungen mit den USA und Israel aufzunehmen und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu kommen“, erklärte Merz‘ Sprecher weiter. Man werde sich mit den Partnern in der EU und mit den USA „über weitere Schritte“ eng abstimmen.
Politiker aus der Regierungskoalition zeigten sich dagegen am Tag nach den Angriffen zurückhaltender. „Jetzt kommt es darauf an, mögliche politische und ökologische Auswirkungen in der Region in Grenzen zu halten“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Jürgen Hardt. Nach der Weigerung des Iran, auf das Verhandlungsangebot der Europäer einzugehen, sei die Konsequenz eines US-amerikanischen Schlags gegen die Atomanlagen absehbar gewesen. „Damit dürfte das Atomprogramm mindestens um Jahre zurückgeworfen sein, zum Wohle Israels und der ganzen freien Welt, auch Deutschlands“, sagte Hardt.
„Der direkte Angriff der Vereinigten Staaten auf Iran stellt eine weitere Eskalation in diesem Krieg dar“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetović. „Alle Anstrengungen sollten darauf gerichtet sein, diesen Krieg zu beenden. Nur durch Dialog, Verhandlungen und die Achtung des Völkerrechts kann eine nachhaltige Lösung erreicht werden.“ Der SPD-Außenpolitiker und frühere Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sagte dagegen dem „Tagesspiegel“, die Welt werde nun noch unsicherer und das Handeln unberechenbarer.
Noch besorgter äußerten sich die Fraktionen der Grünen und der Linken. „Militäreinsätze bezogen auf nukleare Anlagen sind besonders gefährlich und vom Völkerrecht nicht gedeckt. Eine weitere militärische Eskalation wäre hochgefährlich, ebenso eine iranische Atombombe“, sagte Agnieszka Brugger, Stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende. „Am besten wäre es immer noch, wenn es am Verhandlungstisch zu einer Einigung kommt, die glaubwürdig ausschließt, dass es zu einer iranischen Atombombe kommt.“
Die beiden Linken-Vorsitzenden Heidi Reichinnek und Sören Pellmann nennen den Angriff der USA „völkerrechtswidrig und verheerend für die Lage im Nahen Osten. Es droht eine militärische Eskalation mit unabsehbaren Folgen für die Region und die Welt insgesamt“. Es sei unverantwortlich von Kanzler Merz gewesen, mit seinen Äußerungen zur „Drecksarbeit“ völkerrechtswidrige Angriffe zu relativieren oder gar legitimieren und damit militärische statt diplomatische Logik walten zu lassen.
Der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Markus Frohnmaier, sagte: „Es dringlicher denn je, alle diplomatischen Kräfte auf einen Waffenstillstand und den Beginn direkter Verhandlungen zu bündeln. Eine weitere Eskalation birgt das Risiko einer Schließung der Straße von Hormuz – einer Schlüsselroute für den globalen Energie- und Warenverkehr. Eine Blockade hätte gravierende Folgen für den internationalen Handel und läge nicht im Interesse Deutschlands.“
„Atomares Wettrüsten im Nahen Osten verhindert“
Der israelische Botschafter in Deutschland Ron Prosor dagegen hat das Vorgehen der Vereinigten Staaten begrüßt. Er sagte WELT: „Jede Entscheidung hat Konsequenzen, aber auch das Nicht-Entscheiden hat einen Preis: In der vergangenen Nacht wurde nicht nur eine existenzielle Bedrohung für Israel gebannt, sondern auch ein atomares Wettrüsten im Nahen Osten verhindert.“ Prosor berichtete, dass auch seine Familie Opfer der iranischen Vergeltungsangriffe auf Tel Aviv wurde: „In der Nacht zum Sonntag wurde das Appartement meines Sohnes bei einem Angriff des Iran verwüstet. Es handelte sich nicht um einen direkten Treffer, doch die Druckwelle der Explosion hat ausgereicht, um die Wohnung unbewohnbar zu machen. Die Familie hat die Nacht im Bunker verbracht.“
Sicherheitsexperten halten es für möglich, dass das iranische Regime als Reaktion in den kommenden Wochen auch in Deutschland Anschläge gegen jüdische, israelische oder amerikanische Einrichtungen planen könnte. Innenpolitiker drängen auf einen verstärkten Schutz gefährdeter Institutionen: „Die iranischen Revolutionsgarden sind auch in Europa aktiv. Die vom Iran unterstützen Terrororganisationen im Mittleren Osten warten auch auf ein Startsignal. Wir müssen also wachsam sein“, sagte der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt.
Auch die außenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Cansu Özdemir warnte: „Der lange Arm des Mullah-Regimes in Deutschland ist bekannt. Die Bedrohung islamistischer Gewalt darf nicht unterschätzt werden. Der Schutz von jüdischen Einrichtungen und Jüdinnen und Juden sowie der iranischen und kurdischen Oppositionellen aus dem Iran ist wichtig und muss gewährleistet werden.“
Die Grüne-Innenpolitikerin Irene Mihalic (Grüne) warnte ebenfalls: „Die Bedrohung für Jüdinnen und Juden in Deutschland ist ohnehin so groß wie lange nicht mehr“, sagte sie den Funke-Zeitungen. „Hinzu kommt die Gefährdung von US-Einrichtungen, die sich nun sehr wahrscheinlich erhöht.“
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