Der Bund will die Steuern senken – die Länder wollen dafür aber nicht zahlen
- Union und SPD wollen die Wirtschaft entlasten und Steuern senken.
- Die Länder fürchten Einnahmeverluste und neue Schulden deswegen.
- Erste Spannungen in der schwarz-roten Zusammenarbeit sichtbar.
Union und SPD werden nicht müde zu betonen, dass sie sich nicht lieben, aber dennoch miteinander arbeiten müssen und wollen. Die Startvoraussetzungen sind dabei eigentlich recht gut. Viele Ministerpräsidenten sind Unions- oder SPD-Politiker. Der schnelle Draht zwischen Kanzleramt und Länderkammer besteht also – in der Theorie.
Kanzler Friedrich Merz lobt seit Wochen das Tempo seiner frisch geschmiedeten Zweckehe und die Atmosphäre, in der diese arbeite. Jetzt will die Koalition also auch die großen Probleme der schwächelnden Wirtschaft anpacken und große Investitionswellen in der Wirtschaft schlagen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will hier "Druck, Druck, Druck" machen.
Die Länder wehren sich
Eben diesen Druck spüren derzeit allerdings vor allem die Länder und Kommunen. Denn die Investitionspläne des Bundes würden bei genauerer Betrachtung dazu führen, dass die Länder weniger Steuereinnahmen bekommen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sitzt derzeit der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder vor und bezeichnet seine Funktion als "Schutzpatron der Kommunen". Kretschmer will die Gemüter kühlen – muss er doch den Unmut der Städte und Landkreise managen und kanalisieren.
Alle 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten seien sich einig, meint Kretschmer. Es brauche den Investitionsbooster. Klar sei aber auch, dass den Kommunen ein Ausgleich zuteil werden müsse. "Wer bestellt, der zahlt", lautet die Forderung der Länder. Sie verweisen darauf, dass genau diese Formel auch im Koalitionsvertrag steht.
Tatsächlich würden den Kommunen nach jetzigen Kabinettsentwurf bis 2029 13,5 Milliarden Euro fehlen. In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sind aber Landkreise bereits hochverschuldet. Gemeinsam mit Niedersachsens Ministerpräsidenten Olaf Lies (SPD) soll Kretschmer jetzt mit dem Bund eine Lösung ausloten.
Die Strategie des Bundes
Ein Blick zurück: Mit einem großen Schuldenpaket, also dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen, will der Bund die marode Infrastruktur in Deutschland auf Vordermann bringen und somit ebenfalls die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Mit der Mehrheit des alten Bundestages und mithilfe der Grünen wurden Anfang dieses Jahres 100 Milliarden Euro davon den Ländern versprochen. Zusätzlich wurde den Ländern erlaubt künftig Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des BIP aufnehmen zu dürfen.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil verweist jetzt bezüglich der drohenden Steuerausfälle auf eben diese Neuverschuldungsmöglichkeiten der Länder. Frei nach dem Motto: Wenn ihr Sorgen habt, dass der Investitionsbooster zu teuer für euch wird, verschuldet euch doch. Die Möglichkeit dazu habt ihr.
Die Krux mit der "Zusätzlichkeit"
Die Bundesregierung spielt hier die Unwissende, denn die Ausnahmen von der Schuldenbremse beinhalten den Passus der "Zusätzlichkeit". Die Grünen pochten in den Verhandlungen auf den Begriff und erklärten, man dürfe Schwarz-Rot nicht die Möglichkeit geben, ihre kurzfristigen Wahlversprechen mit Schulden zu finanzieren. Diese "Zusätzlichkeit" gilt nun und macht Schwarz-Rot wahrscheinlich einen Strich durch die Rechnung.
Aus Sicht der Länder sollten weder die 100 Milliarden Euro Sondervermögen noch die eigene Möglichkeit einer Neuverschuldung dafür eingesetzt werden, um Steuerausfälle zu kompensieren. Die Ministerpräsidenten pochen weiterhin auf dem Grundsatz: Wer bestellt, zahlt.
Wo soll das Geld herkommen?
Kaum vorstellbar, dass die Länder die derzeitigen Vorschläge des Bundes unterstützen werden. Ohne die Länder wird es nicht gehen. Doch auch der Bund kann den Ländern nicht grenzenlos entgegenkommen. Wir erinnern uns: Auch der Bundeshaushalt 2025 steht noch aus. Vieles ist noch im Unklaren und jede Menge Löcher sind zu stopfen.
Eine Kompromisslinie soll bei der Ministerpräsidentenkonferenz Mitte der kommenden Woche im Kanzleramt ausgehandelt werden. Noch zeichnet sich keine ab, heißt es. Was sich hingegen klar abzeichnet, sind leichte Risse im schwarz-roten Harmonie-Geflecht. Wenn Merz den Zauber des schwarz-roten Neuanfangs nicht verlieren will, muss er unter Beweis stellen, dass er nicht nur Koalitionen schmieden kann, sondern auch Kompromisse.
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