Bürgergeld vor Reform: Bundesregierung plant mehr Druck auf Erwerbslose
- Jobcenter-Mitarbeitende berichten von sowohl positiven als auch negativen Erfahrungen mit dem Bürgergeld.
- Vor allem die fehlende Verbindlichkeit für die Erwerbslosen wird kritisiert.
- Die Bundesregierung strebt erneut eine grundlegende Änderung des Bürgergelds an.
Das Bürgergeld wurde 2023 eingeführt – und hatte schon davor für Debatten gesorgt. Andrea Nahles, jetzige Chefin der Bundesarbeitsagentur, sagte im Februar 2019 als SPD-Vorsitzende: "Wir wollen, dass die Menschen Zeit haben, sich auf die Arbeitssuche zu konzentrieren." Deswegen würden sie in den ersten zwei Jahren zum Beispiel nicht mit Fragen dazu konfrontiert, in welcher Wohnung sie lebten. "Das wird die ersten zwei Jahre überhaupt nicht gemacht und danach werden überflüssige Sanktionen abgeschafft", so Nahles.
Positive Erfahrungen mit Coaching für Langzeitarbeitslose
Insbesondere die SPD wollte ein System, das weniger auf Kontrollen und Sanktionen setzt. Kritiker – vor allem aus der Union – warnten: Das Bürgergeld biete zu großzügige Leistungen.
Jetzt, gut eineinhalb Jahre nach Einführung des Bürgergelds, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Beschäftigte von Jobcentern zu ihren Erfahrungen befragt. Diese seien nicht nur positiv gewesen, sagt Sarah Bernhard, die die Erhebung betreut hat: "Es gibt dort durchaus Ansätze, die sehr positiv bei den Jobcenter-Beschäftigten angekommen sind, mit denen sie gut arbeiten können." Als Beispiele nennt Bernhard die Teilhabe am Arbeitsmarkt oder Coaching für Langzeitarbeitslose – da gebe es sehr positive Bewertungen. Andere Elemente würden Jobcenter-Beschäftigte kritischer einschätzen, berichtet Bernhard.
Fehlende Verbindlichkeit sorgt für Probleme
Bei der Kritik gehe es vor allem um die Mitwirkung von Bürgergeldempfängern, sagt Jan Kaltofen, Geschäftsführer des Jobcenters in Halle: "Kritisiert wurde vor allem die Freiwilligkeit, weil es keinerlei Möglichkeit mehr gab, mit den Betroffenen eine verbindliche Vereinbarung herbeizuführen. Das führte leider häufig dazu, dass die Betroffenen gesagt haben: 'Ich muss ja nicht.'"
Aktuell erarbeiten Leistungsbezieher mit den Sachbearbeitern einen sogenannten Kooperationsplan. Der ist aber nicht mehr rechtlich bindend. Halten sich Bürgergeldempfänger nicht an den Plan, dann können die Sachbearbeiter erst nach einer weiteren Aufforderung zur Mitwirkung die Leistungen kürzen.
Abgeschwächte Sanktionen beim Bürgergeld
Sanktionen wurden mit der Bürgergeld-Reform von 2023 nicht gänzlich abgeschafft, aber neu gestaltet. Die Leistungen werden nicht mehr so lange gekürzt wie vor der Reform – und auch nicht mehr in der Höhe wie früher.
Allerdings, so Sarah Bernhard vom IAB, sei fraglich, ob höhere Sanktionen überhaupt abschreckender wirken: "Die Möglichkeit der Sanktionierung bei fehlender Mitwirkung führt zu höheren Beschäftigungschancen – das ist wissenschaftlich belegt. Aber nicht belegt ist, dass höhere Kürzungssätze besser sind und noch mehr Wirkung zeigen."
Neue Bundesregierung will Bürgergeld erneut reformieren
Die aktuelle Koalition aus Union und SPD will das Bürgergeld jetzt wieder reformieren. Die neue Grundsicherung sieht dabei wieder deutlich mehr Härte gegenüber Erwerbslosen vor. Wer etwa angebotene Stellen ablehnt, soll seine gesamten Leistungen verlieren können. Jan Kaltofen vom Jobcenter in Halle erwartet, dass es dann wieder verbindliche Vereinbarungen gibt: "Ich wünsche mir eine schnellstmögliche Klarheit, damit sowohl die Betroffenen als auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, wie wir damit umgehen sollen, und andererseits eine ganz klare Formulierung: Was möchte die Politik?"
Schnell wird es die neue Grundsicherung allerdings nicht geben: Das Gesetzgebungsverfahren, könne Monate dauern, heißt es aus den Reihen der Union. Mit einer Einführung sei wahrscheinlich nicht vor dem Frühjahr 2026 zur rechnen.
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