„Dieser Meilenstein könnte nun nur noch wenige Jahre entfernt sein“
Den weltweiten Boom erneuerbarer Energien hat das Wissenschaftsmagazin „Science“ zum „Durchbruch des Jahres 2025“ gekürt. „Es war das erste Jahr, in dem weltweit mehr Strom aus erneuerbaren Energien – einschließlich Wind- und Solarenergie – erzeugt wurde als aus Kohle“, schreibt der Chefredakteur der „Science“-Journale, Holden Thorp, im Editorial.
Die gesamte Situation sei dem Punkt, an dem die weltweiten Emissionen aus fossilen Brennstoffen ihren Höchststand erreichen und anschließend zu sinken beginnen, sehr nahe gekommen, so Thorp. „Dieser Meilenstein könnte nun nur noch wenige Jahre entfernt sein.“
Viele der Technologien, die zu dem Aufstieg der Erneuerbaren geführt hätten, seien in den USA entwickelt worden, „doch die Weiterentwicklung, Perfektionierung und industrielle Fertigung dieser Technologien haben in China stattgefunden.“ China ziehe daraus erhebliche wirtschaftliche Vorteile und liefere 80 Prozent der weltweiten Solarzellen, 70 Prozent der Windturbinen und 70 Prozent der Lithiumbatterien.
„China hat dies wirklich gemeistert … mit Hilfe der Größe seiner Wirtschaft, seiner Fertigungskapazitäten und des harten Wettbewerbs im eigenen Land“, sagte Li Shuo vom Asia Society Policy Institute dem Fachjournal. So wurden dem „Science“-Beitrag zufolge die Preise für erneuerbare Energien drastisch gesenkt. Dies habe dazu geführt, dass Wind- und Solarenergie in weiten Teilen der Welt zur kostengünstigsten Energiequelle geworden seien.
Chinas eigene Energielandschaft hat sich demnach entsprechend gewandelt: Die Solarstromerzeugung sei in den letzten zehn Jahren um mehr als das Zwanzigfache gestiegen. Allein im Jahr 2024 soll China neue Solar- und Windkapazitäten installiert haben, die der Leistung von etwa 100 Atomkraftwerken entsprechen.
Kohlenstoffemissionen steigen trotzdem
Chinas stark wachsende Exporte grüner Technologien veränderten laut „Science“ auch den Rest der Welt. Länder im Globalen Süden und Europa kauften diese Technologien, um die Energiesicherheit zu erhöhen und Kosten zu senken. Die Importe von Solarmodulen nach Afrika und Südasien seien stark gestiegen, da die Menschen in diesen Regionen erkannt hätten, dass Solardächer kostengünstig Licht, Handys und Ventilatoren mit Strom versorgen können.
In der Analyse wird jedoch betont, dass trotz des rasanten Fortschritts die globalen Kohlenstoffemissionen weiter ansteigen. Das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum zu begrenzen, ist zahlreichen Experten zufolge inzwischen unerreichbar.
Herausforderungen bleiben bestehen: China setze den Bau neuer Kohlekraftwerke fort. Auch politischer Widerstand wie die Handelshemmnisse für chinesische Solarmodule und die Politik der US-Regierung gegen die Entwicklung von Wind- und Solarenergie erschwerten den Fortschritt. Die Infrastruktur, die nötig sei, um Wind- und Solarenergie voll auszuschöpfen, stelle eine weitere Hürde dar.
Hoffnung liege dagegen auf technologischem Fortschritt – etwa längeren Rotorblättern für Windturbinen sowie neuen Perowskit-Solarzellen, die in Verbindung mit Silizium mehr Licht einfangen und die Effizienz steigern.
Der entscheidende Punkt sei jedoch die Motivation, heißt es in „Science“. Während Käufer im Jahr 2004 aus Umweltgründen noch einen Aufpreis zahlten, sei heute das Eigeninteresse durch geringere Kosten und höhere Energiesicherheit die Hauptantriebskraft. „Diese Änderung der Motivation könnte der wichtigste Durchbruch von allen sein.“
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