Warum auch Gelegenheitsrauchen das Herz gefährdet
"Klar, Rauchen tut nicht gut. Aber es sind doch nur zwei, drei Zigaretten am Tag. Mehr nicht." Für ein paar Millionen Menschen unter uns reicht das offenbar als Beschwichtigung vor dem nächsten Griff zur Schachtel. Doch tragen solche "Gelegenheitsraucher" wirklich ein viel geringes Risiko im Vergleich mit jenen, die Kette rauchen? Eine neue Studie hat auf diese Frage nun eine überraschende Antwort gefunden.
Die erfreuliche Zahl zuerst: Waren es im Jahr 2000 in Deutschland noch etwa 19 Millionen Erwachsene, die täglich oder zumindest hin und wieder Tabak konsumierten, so liegt diese Zahl heute bei knapp unter 15 Millionen.
Entsprechend sank auch die Zahl der jährlich weggepafften Zigaretten von knapp 140 Milliarden auf gut 66 Milliarden im vergangenen Jahr. Doch es gibt auch eine unerfreuliche Entwicklung: Denn erstmals seit zehn Jahren stieg diese Zahl wieder nennenswert an und lag 3,5 Prozent über dem Vorjahr.

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Was sich über die Jahre allerdings nicht verändert hat, ist das Risiko, das letztlich alle eingehen, die rauchen. Geschätzt etwa 127.000 Menschen sterben allein hierzulande jedes Jahr vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums. Und auch jede fünfte koronare Herzkrankheit geht darauf zurück.
Mit der jetzt im Fachjournal "PLOS Medicine" veröffentlichten Studie wird zudem deutlich, was von Ausreden wie "nur zwei, drei am Tag" zu halten ist: nämlich nichts.
Rauchen: Was genau wurde in der neuen Studie untersucht?
22 Langzeitstudien hat das Team eines großen US-amerikanischen Forschungsverbundes zusammengeführt. So war es möglich, die Gesundheitsinformationen von mehr als 320.000 Menschen aus einem Beobachtungszeitraum von bis zu 20 Jahren aufzuarbeiten.

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Was für die vorliegende Analyse zuerst wichtig war: Hatten die Probanden jemals geraucht? Hatten sie bereits aufgehört, dann brauchte es zudem ein Maß dafür, wie sehr sie früher den Zigaretten verfallen waren. Da darüber niemand Buch geführt hatte, mussten sich die Forschenden dafür auf Selbstauskünfte verlassen. Daraus wurde die Gesamtzahl der verqualmten Packungen errechnet, die Zahl der Jahre bis zur letzten Kippe und auch die Zahl der seither vergangenen rauchfreien Jahre. Wer immer noch rauchte, musste angeben, wie viele Zigaretten pro Tag.
Solche Auskünfte wurden nur für den jeweiligen Beginn der insgesamt 22 zusammengeführten Langzeitstudien berücksichtigt. War später jemand beispielsweise von der Zigarette zu einem Verdampfer gewechselt oder hatte deutlich mehr oder weniger geraucht, ging das nicht in die Analyse ein. Schließlich wurden noch unabhängige Risikofaktoren berücksichtigt: etwa das Alter und das Geschlecht, das Körpergewicht, der Blutdruck und ob bei den Betreffenden ein Diabetes vorlag.
Mit diesem Wust von Ausgangsdaten ging es an die eigentliche Analyse der Studien: Bei wem war es zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall gekommen? Wer litt unter einer Herzschwäche oder unter Vorhofflimmern? Wer war schon verstorben? Und wer von denen hatte einen plötzlichen Herztod erlitten, etwa als Folge verengter Herzkranzgefäße, eines zu hohen Blutdrucks oder auch von Herzrhythmusstörungen?
Welches Herz-Kreislauf-Risiko kam für die Raucher dabei heraus?
Es kann nicht wirklich verwundern, dass die Raucher durchweg schlechter abschnitten. Verglichen mit Menschen, die nie geraucht hatten, fanden die Forschenden für immer noch aktive Raucher deutlich erhöhte Risiken:
zwischen 50 und 100 Prozent für einen Herzinfarkt,
30 bis 80 Prozent für einen Schlaganfall aufgrund verengter oder verstopfter Gefäße,
40 bis 100 Prozent für eine reduzierte Pumpleistung des Herzens,
20 bis 50 Prozent für Vorhofflimmern, eine häufige Herzrhythmusstörung.
Und auch die Wahrscheinlichkeit, dabei nicht mehr mit dem Leben davonzukommen, war alarmierend hoch und lag unabhängig von der Todesart bis um den Faktor 2,5 über dem Risiko lebenslanger Nichtraucher.
Schon 20 Minuten nach der letzten Kippe gibt es positive Veränderungen

Was die Studie besonders herausarbeiten konnte, war die Abhängigkeit der Risiken von der jeweiligen Dosis, also der Zahl der konsumierten Zigaretten und der Lebenszeit, in der geraucht wurde. Dabei zeigte sich der steilste Anstieg der genannten Gesundheitsrisiken beim Einstieg in das gelegentliche Rauchen. Schon zwei bis fünf Zigaretten am Tag konnten das Risiko für "koronare Ereignisse", wie sie oft einem Herzinfarkt vorausgehen, um 50 bis 60 Prozent steigern.
Natürlich gilt auch nach dieser Studie, dass mehr Zigaretten das Risiko weiter erhöhen. Doch überspitzt gesagt, ist die erste Zigarette die gefährlichste – und jede weitere ein Grund, auf der Stelle mit dem Rauchen aufzuhören.
Wie veränderten sich die Herz-Kreislauf-Risiken, wenn jemand die Zigaretten aufgegeben hatte?
Die neue Studie warnt jedoch nicht nur vor dem Rauchen, sie ermutigt auch, damit aufzuhören und dem Körper Zeit zur Erholung zu geben. Denn dazu kommt es tatsächlich. Schon bald nachdem die letzte Kippe ausgedrückt wurde, reduzieren sich die genannten Risiken erheblich.
Jahre braucht es zwar immer noch, aber relativ wenige. Drei bis fünf Jahre nach dem Aufhören sind Herz und Kreislauf schon deutlich entlastet. Und schon nach zehn Jahren liegen vor allem die Risiken für die koronaren Ereignisse und einen Schlaganfall nah bei denen der Nichtraucher. Jedes weitere Jahr ohne Zigarette entlastet den Körper weiter. Dabei zeigte die Analyse auch, dass die Zahl der rauchfreien Jahre stärker ins Gewicht fällt als die früher durchgezogenen Zigarettenmengen.
Selbst starke Raucher haben mindestens dadurch einen hoffentlich überzeugenden Grund, ihr gewohnheitsmäßiges Qualmen aufzugeben. Denn die neue, groß angelegte Datenanalyse belegt quasi Zigarette für Zigarette, dass die Gesundheit vom Verzicht gleich zu Anfang am meisten profitiert. Und je mehr Jahre dann rauchfrei vergehen, desto mehr vergisst unser Körper, wie sehr ihm einmal zugesetzt wurde. Auch wenn die Risiken für Herz und Kreislauf selbst nach dreißig Jahren noch erhöht sein können: Solche Daten dürften auch Kettenrauchern Mut machen.
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