Jede Minute zählt, damit bei einem Notfall das Gehirn überlebt. Notärzte fordern einheitliche Regeln, wie schnell Retter bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand vor Ort sein müssen.

Mit jeder Minute, die Notarzt oder Rettungswagen später eintreffen, sinkt die Chance, dass ein Mensch einen Herz-Kreislauf-Stillstand gut überlebt. Bei einer Verzögerung von fünf Minuten reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Gehirn nach einer Wiederbelebung keine bleibenden Schäden davonträgt, um 19 Prozent. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von Autoren der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) in der medizinischen Fachzeitschrift "Die Anaesthesiologie".

Das bedeutet, die Überlebenschancen hängen ganz maßgeblich davon ab, in welchem Bundesland ein Notfall passiert. Denn die Regeln, wie schnell professionelle Hilfe eintreffen muss, sind sehr unterschiedlich; in Berlin beispielsweise sind es acht Minuten, in Niedersachsen und Brandenburg jeweils 15 Minuten. Die Studie mit mehr als 100.000 Patienten über zehn Jahre belegt erstmals, dass es auch in der Praxis ganz deutliche Unterschiede in den Eintreffzeiten gibt. 

Diese zu vereinheitlichen, war eigentlich Teil einer geplanten Reform der Notfallversorgung der vergangenen Bundesregierung. Doch die Reform fiel dem Bruch der Ampel-Koalition im vergangenen November zum Opfer. 

Lebensrettung Warum ein Notarzt Späße über seine Einsätze macht

Notfall: Jede Minute entscheidet über Leben und Tod

Wertvolle Zeit kann auch verloren gehen, wenn sich ein Notfall nahe einer Länder- oder Kreisgrenze ereignet. Befindet sich jenseits der Grenze ein Rettungsfahrzeug, das viel näher am Unfallort ist als das nächste diesseits der Grenze, bedeutet das nicht automatisch, dass es auch dorthin beordert wird. "Häufig haben die in einem Land- oder Stadtkreis oder einem Bundesland zuständigen Leitstellen unterschiedliche Softwaresysteme", sagt Florian Reifferscheid, Notarzt in Kiel und Vorsitzender der Vereinigung BAND. Der Austausch von Informationen erfolge daher oft per Telefon, wenn überhaupt.

Um lange Wartezeiten bis zum Eintreffen professioneller Ersthelfer mit einem Rettungs- oder Notarztwagen zu überbrücken, gibt es in einigen Bundesländern Notrufsysteme, bei denen sich ausgebildete Laien per App als Ersthelfer anmelden können. Passiert ein Unfall, ermittelt die Leitstelle den nächstgelegenen registrierten Ersthelfer und fragt ihn an, ob er zum Unfallort kommen kann. "Meist geschieht das auch", sagt der Notarzt aus Kiel.

Stiftung klagt beim Bundesverfassungsgericht

Doch auch dieses System hat einen Haken, es funktioniert nur im jeweiligen Bundesland. "Sind Sie in Hamburg als Ersthelfer registriert und machen an der Ostsee Urlaub, werden Sie nicht informiert, wenn im Strandkorb nebenan jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand hat", moniert Reifferscheid.

Er hofft, dass die neue Bundesregierung die Reform der Notfallversorgung wieder auf die Agenda setzt. Die in Baden-Württemberg ansässige Björn-Steiger-Stiftung will darauf nicht länger warten. Im März dieses Jahres reichte sie Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Darin heißt es: "Die Bürgerinnen und Bürger müssen im Notfall die gleichen Überlebenschancen haben, unabhängig davon, in welchem Bundesland sie leben, ob in der Stadt oder auf dem Land."

Der Artikel erschien zuerst Anfang September 2025 und wurde aktualisiert.

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