Innovativer Beton kühlt Häuser unter Umgebungstemperatur
Wie können wir unsere Städte künftig kühl halten? Diese Frage wird immer drängender, gerade in dicht bebauten und stark versiegelten Regionen. Denn mit steigenden Temperaturen und zunehmend häufigen Hitzewellen wächst der Druck, Gebäude wirksam zu kühlen. Dabei machen Klimaanlagen schon heute einen erheblichen Teil des Energieverbrauchs aus – und sind somit Teil des Problems.
Einen völlig anderen Kühlungsansatz als energiehungrige Klimaanlagen verfolgt nun ein internationales Forschungsteam. Die Forscher aus den USA und China haben einen Zement entwickelt, der sich nicht aufheizt, sondern selbst unter sengender Sonne kühler bleibt als die Umgebung. Die Ergebnisse erschienen im Fachjournal „Science Advances“.
Das Prinzip ist verblüffend einfach: Das Material reflektiert fast das gesamte Sonnenlicht und strahlt Wärme gleichzeitig so effektiv an den Himmel ab, dass es sich tagsüber um mehr als fünf Grad unter die Lufttemperatur abkühlt – nachts sogar noch stärker, um bis zu sieben Grad.
Im Praxistest auf einem Gebäudedach in den USA blieb die Oberfläche des neuen Zements mittags bei 33 Grad, während herkömmlicher Beton auf 59 Grad erhitzte – ganze 26 Grad Celsius Unterschied. Die Luft war 38 Grad warm. Der neue Zement war also deutlich kühler als die Umgebungsluft.
Damit könnte der Baustoff die Energiekosten für Kühlung drastisch senken. Studien zufolge kann der Einsatz von Materialien mit passiver Strahlungskühlung – zu denen auch der neue Zement gehört – den Energiebedarf von Gebäudeklimaanlagen um bis zu 60 Prozent senken.
Das Besondere an dem neuen Material liegt in seiner Struktur. Beim Aushärten bilden sich winzige Kristalle, die wie kleine Spiegel wirken und das Sonnenlicht fast vollständig zurückwerfen. Zusätzlich entstehen viele winzige Hohlräume im Zement. Diese wirken wie kleine Streuzentren für das Sonnenlicht und sorgen dafür, dass es in alle Richtungen zurückgeworfen wird. Dadurch reflektiert die Oberfläche besonders viel Strahlung – und heizt sich kaum auf.
Gleichzeitig nutzen die Forschenden einen physikalischen Trick: Der Zement sendet Wärmestrahlung gezielt in einem Bereich des Infrarotlichts aus, der die Erdatmosphäre durchdringen kann. Diese Strahlung entweicht direkt ins Weltall, ohne von Treibhausgasen aufgehalten zu werden. So verliert die Oberfläche kontinuierlich Energie – und kühlt dadurch sogar unter die Temperatur der umgebenden Luft ab. Voraussetzung ist dabei ein klarer Himmel ohne Wolken.
Der Trick steckt in der chemischen Zusammensetzung des neuen Zements: Er enthält besonders viele Aluminium-, Kalzium- und Schwefelgruppen. Diese chemischen Bindungen schwingen, wenn sie Wärme aufnehmen, und strahlen die Energie als Infrarotlicht wieder ab.
Der neue Baustoff bringt noch einen weiteren Klimaeffekt. Die Produktion verursacht rund ein Viertel weniger Emissionen als normaler Zement, der weltweit für etwa acht Prozent des gesamten CO₂-Ausstoßes verantwortlich ist.
Werden Kühlungseffekte und die geringeren Emissionen bei der Produktion zusammengerechnet, könnten über die Lebensdauer eines Gebäudes fast drei Tonnen Kohldioxid pro Tonne eingesetztem Material gespart werden. In heißen Städten wie Niamey oder Mumbai würde sich der Einsatz bereits nach 15 bis 20 Jahren klimatisch auszahlen – langfristig könnten Gebäude damit sogar eine negative CO₂-Bilanz erreichen.
Gebäudekühlung ist eine ungelöste Herausforderung
Der Bedarf an aktiver Kühlung wächst rasant. Laut Prognosen könnten sie bis 2050 für 30 bis 50 Prozent der Spitzenlast im Stromnetz verantwortlich sein. Damit würden sich auch die damit verbundenen CO₂-Emissionen nahezu verdreifachen. Ohne neue, energieeffiziente Lösungen droht die Abhängigkeit von Klimaanlagen so selbst zum Treiber der Klimakrise zu werden.
Auch in Deutschland werden mehr Klimaanlagen gebaut und auch importiert. Im vergangenen Jahr ist die Produktion sprunghaft um gut 92 Prozent auf knapp 317.000 Geräte gestiegen, wie das Statistische Bundesamt kürzlich berichtete. 2023 waren es nur 164.700 Einheiten.
Jonas Gerke, der bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit für Hitzeschutz zuständig ist, betont: „Städtische Wärmeinseln und unzureichend angepasste Gebäudestrukturen stellen eine enorme Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung dar.“ Damit einher gehe ein erhöhtes Risiko für verschiedenste Erkrankungen. Besonders gefährdet seien Menschen, bei denen etwa ein höheres Alter, fehlende soziale Unterstützung, eingeschränkte Mobilität und das Wohnen in sehr belasteten Gegenden zusammenkämen. „Damit wird deutlich, dass Hitzeschutz nicht nur eine bauliche, sondern auch eine soziale und gesundheitspolitische Aufgabe ist.“
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